Berlin. Bund und Ländern wollen das Deutschlandticket weiterführen. Doch einige Punkte sind weiterhin offen – unter anderem der Preis.

Wochenlang wurde vor einem Aus des Deutschlandtickets gewarnt – jetzt haben sich Bund und Länder zumindest auf kleine Schritte zur weiteren Finanzierung geeinigt. So sollen in diesem Jahr nicht verbrauchte Mittel 2024 zum Ausgleich finanzieller Nachteile durch das günstigere Ticket bei Verkehrsunternehmen eingesetzt werden können.

Das ist das Ergebnis des Gipfels mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder. In den Blick rückt auch der Preis von bisher 49 Euro im Monat, der ausdrücklich als „Einführungspreis“ gilt. Die Verkehrsminister sollen jetzt ein Konzept für die Umsetzung des Tickets 2024 erarbeiten.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) begrüßte die Verständigung von Bund und Ländern und bezeichnete das Ticket am Dienstag als großen Erfolg. Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Boris Rhein (CDU) aus Hessen, sagte schon vor der Runde mit Scholz, das Ticket für Busse und Bahnen im Nahverkehr in ganz Deutschland sei ein Erfolgsmodell. „Wir wollen es weiterführen.“ Dazu einigten sich Bund und Länder nun auf ein Vorgehen – aber mit noch offenen Punkten.

Mehr zu den Ergebnissen des Gipfels: Bund und Länder einig – 7500 Euro pro Asylantragssteller

Bund und Ländern wollen etwaige Mehrkosten zur Hälfte tragen – zumindest in diesem Jahr

Nach einer Verabredung von Ende 2022 schießen beide Seiten in diesem und im nächsten Jahr schon je 1,5 Milliarden Euro zum Ausgleich von Einnahmeausfällen bei Bus- und Bahnbetreibern zu. Doch Knackpunkt waren zuletzt etwaige Mehrkosten darüber hinaus. Dass Bund und Länder sie ebenfalls je zur Hälfte tragen, ist nur für das Einführungsjahr 2023 vereinbart. Verkehrsbranche und Länder forderten das lange auch für 2024. Davon war nun keine Rede mehr. Als Puffer soll ungenutztes Geld von 2023 dienen können, wozu eine Gesetzesänderung nötig ist. Mit dem angepeilten Konzept der Verkehrsminister soll „eine weitere Nachschusspflicht durch Bund und Länder“ 2024 ausgeschlossen werden.

Welche Mehrkosten es wirklich gibt, lässt sich noch nicht beziffern. Bund und Länder peilen daher eine genaue „Spitzabrechnung“ für 2023 und 2024 an, die nach Vorliegen endgültiger Daten für beide Jahre von den Ländern gemacht werden soll. Laut einer Prognose des Verbands der Verkehrsunternehmen dürften die Verluste für die Branche dieses Jahr 2,3 Milliarden Euro betragen, nachdem das Ticket erst Anfang Mai startete. Im vollen Jahr 2024 sollen es dann 4,1 Milliarden Euro sein. Bei sechs Milliarden Euro Zuschüssen für 2023 und 2024 könnte sich unter dem Strich also eine Lücke von 400 Millionen Euro ergeben.

Preis des Deutschlandtickets: Mehr Kosten sind möglich

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte vor der Beratung mit Scholz, die Übertragung nicht verbrauchter Mittel von 2023 schaffe die Grundlage, dass das Ticket auch im nächsten Jahr weitergehen könne. „Ob und in welcher Form das Auswirkungen auf die Preisgestaltung haben wird, das müssen uns die Verkehrsminister sagen.“

Insofern werde der Ball da an die Fachminister zurückgegeben. Bund und Länder beauftragen die Verkehrsministerkonferenz, ein Konzept vorzulegen – und zwar rechtzeitig vor dem 1. Mai 2024. Dann wird das Ticket ein Jahr alt. Dafür sollen sich Bund und Länder über die weitere Finanzierung und einen Mechanismus zur Fortschreibung des Ticketpreises verständigen, „der auch eine Erhöhung beinhalten kann“.

Dass der verlockende Start-Preis von 49 Euro einmal wie andere Tarife auch steigen kann, war prinzipiell immer klar. Doch nun kommt eine mögliche Anhebung als Finanzierungselement für 2024 konkret auf den Tisch. Die Umweltorganisation Greenpeace kritisierte prompt, Scholz wolle sich mit dem D-Ticket schmücken, dafür zahlen wolle er aber nicht. Das könne nicht funktionieren. „Wenn die Kundinnen und Kunden jederzeit mit einer Preiserhöhung rechnen, dann würgt das den Erfolg des Tickets ab, noch bevor es überhaupt richtig angekommen ist“, sagte Greenpeace-Expertin Clara Thompson.

Bund und Länder betonten, das Ticket weiterentwickeln, vereinfachen und digitaler machen zu wollen. Und Ziel sei auch, „mit einer erfolgreichen Umsteigeoffensive mögliche Finanzierungsdefizite soweit wie möglich zu senken“.

Wissing lobt Deutschlandticket

Bundesverkehrsminister Wissing rief die Landesverkehrsminister auf, „sachlich am Erfolg des Deutschlandtickets zu arbeiten und aufzuhören, es ohne Not in Frage zu stellen“. Der Beschluss bekräftige noch einmal das im vergangenen Jahr vereinbarte Finanzkonzept und zeige, dass die von den Ländern losgetretene Debatte über die Finanzierung des Deutschlandtickets vollkommen überflüssig gewesen sei. Er bezeichnete das Deutschlandticket als großen Erfolg. Die Länder sollten diese Chance erkennen und alles dafür tun, damit die Abo-Zahlen weiter steigen. „Die nächsten Schritte dafür sind mehr Digitalisierung des ÖPNV-Angebots, der Verzicht auf Konkurrenzprodukte und eine konsequente Vereinfachung der Strukturen.“