Berlin. Hans-Georg Maaßen will mit der Werteunion bei den Wahlen im Osten antreten. Die CDU-Spitze setzt auf die Strategie von Helmut Kohl.

Markus Söder ist ungewöhnlich wortkarg. Zu den Plänen von Ex-VerfassungsschutzchefHans-Georg Maaßen zuckt der CSU-Chef bloß die Schultern. „Reisende soll man nicht aufhalten.“ Auch der Thüringer CDU-Chef Mario Voigt versucht es mit demonstrativer Gelassenheit: „Die nächsten Karriereüberlegungen eines westdeutschen pensionierten Beamten sind für uns nicht wichtig.“ Was ist da los? Igelt sich die Union angesichts der neuen Konkurrenz am rechten Rand ein, steckt sie den Kopf in den Sand? So mag es aussehen – die Strategie dahinter ist aber eine andere – mehr Helmut Kohl als Vogel Strauß.

Parteigründungen liegen gerade im Trend: Sahra Wagenknecht will mit ihrem gleichnamigen Bündnis bereits bei der Europawahl antreten, Hans-Georg Maaßen hat die Landtagswahlen im Herbst in Ostdeutschland im Blick. Noch ist der 61-Jährige Mitglied der CDU, das Ausschlussverfahren läuft allerdings. Sein Plan: Er will die einst CDU-nahe, rechtskonservative Werteunion, deren Vorsitzender er seit einem Jahr ist, als Basis für eine Partei nutzen. Das Profil: stramm rechts.

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Eine Zusammenarbeit mit der AfD schließt er nicht aus: „Wir reden mit allen – von links bis rechts“, so Maaßen. „Wenn man sich auf gemeinsame Grundpositionen verständigen kann, dann kann man auch mit der AfD oder anderen Leuten einen Deal machen.“ Beim Treffen rechter Verschwörer in der Nähe von Potsdam im November sollen auch Mitglieder der Werteunion gewesen sein.

Maaßen: Gefährlicher Gegner – oder „egogetriebener Rohrkrepierer“?

In der CDU-Spitze beißen sie sich auf die Lippen. Der Ärger über Maaßen ist spürbar, aber öffentlich darüber sprechen wollen die wenigsten. Die Linie: Nicht über die Konkurrenz reden, um sie nicht im Gespräch zu halten. Aufmerksamkeitsentzug. Die Hoffnung dahinter: Maaßen könnte es ergehen wie vielen anderen rechten Neugründungen der vergangenen Jahrzehnte – sie landeten auf dem Parteienfriedhof rechts der Union. Die Hoffnung ist nicht unbegründet: Experten wie der Extremismusforscher Matthias Quent halten es nicht für unwahrscheinlich, dass Maaßens Plan eine politische Eintagsfliege wird. Maaßens Ambitionen zur Gründung einer Partei könnten sich als „egogetriebener Rohrkrepierer“ erweisen, sagte der Soziologe der Universität Magdeburg unserer Redaktion.

Für die CDU-Spitze hat die geplante Parteigründung sogar einen Vorteil: Der CDU-Bundesvorstand hatte im Februar 2023 einstimmig beschlossen, ein Verfahren zum Parteiausschluss gegen Maaßen einzuleiten. Das Kreisparteigericht Thüringen lehnte jedoch im Juli einen Parteiausschluss ab. Die CDU-Führung ging daraufhin im November in die nächste Instanz. Maaßens Pläne für die Gründung einer eigenen Partei könnten es Parteichef Friedrich Merz leichter machen, ihn loszuwerden.

NameHans-Georg Maaßen
Geburtsdatum24. November 1962
SternzeichenSchütze
AmtBundesvorsitzender der Werteunion
ParteiCDU
Parteimitglied seit1978
Familienstandverheiratet
WohnortBerlin/Mönchengladbach

„Die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter“ – das alte Sprichwort von CDU-Altkanzler Helmut Kohl scheint aus Sicht der Bundes-CDU mit Blick auf Querulanten wie Maaßen wieder hochaktuell. Die AfD dagegen ist, um im Bild zu bleiben, kein harmloser Kläffer. Sondern könnte im Herbst der CDU bei den Ostwahlen die Mehrheit abjagen.

Werteunion: Am 20. Januar soll Entscheidung über Parteigründung fallen

„Wir in Thüringen – und das gilt für alle Landtagswahlen im Osten – begreifen die Landtagswahlen als Verteidigung der Demokratie“, sagt Voigt. Je stärker die CDU werde, desto schwächer werde die AfD sein. „Es geht uns darum, Höcke zu schlagen.“ In Umfragen liegt die AfD in Thüringen, Sachsen und Brandenburg, die alle im Herbst wählen, deutlich vor der CDU. „Entweder wir oder Höcke – das ist die Entscheidung, vor der viele Thüringer stehen. Darauf müssen wir uns konzentrieren. Nicht auf irgendwelche Parteigründungen“, sagt Voigt.

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Eine Woche bevor die Mitglieder der Werteunion am 20. Januar in Erfurt über die Parteigründung entscheiden sollen, kommt an diesem Freitag die CDU-Spitze zu einer zweitägigen Klausur zusammen. Maaßen und die Werteunion werden schon deshalb Thema sein, weil viele Mitglieder der Werteunion gleichzeitig CDU-Mitglieder sind. Doppelmitgliedschaften in zwei Parteien schließt die Satzung jedoch aus. Hinzu kommt die Frage möglicher Bündnisse: Der Unvereinbarkeitsbeschluss der Union zieht bislang Brandmauern zur AfD und zur Linkspartei. Die Werteunion könnte demnächst auch auf diese Liste kommen.

ParteiChristlich Demokratische Union Deutschlands (CDU)
Gründung26. Juni 1945
IdeologieChristdemokratie, Konservatismus, Liberalismus, Europäische Integration
VorsitzenderFriedrich Merz (Stand: Dezember 2023)
Fraktionsstärke152 Abgeordnete im Bundestag (Stand: Dezember 2023)
Bekannte MitgliederAngela Merkel, Ursula von der Leyen, Jens Spahn