Berlin. Viele Menschen gehen für Rechtsstaatlichkeit auf die Straße oder engagieren sich in einer Partei. Das ist gut und gefährlich zugleich.

Sie reden doch nur und arbeiten nichts. Sie hangeln sich von Weinchen zu Häppchen, fliegen für lau durch die Gegend und profitieren von üppigen Übergangsgeldern und Pensionen. Obendrein haben sie keine Ahnung von der Lebenswirklichkeit der Menschen und sind bestenfalls ihrer Klientel gegenüber gefällig. Kurz: Die Meinung über Politiker wird von Klischees und Vorurteilen bestimmt. Die tatsächlichen Herausforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten kommen da sicher oft zu kurz.

Die Quittung in den vergangenen Jahren war eine zunehmende Politikverdrossenheit. Schultern zucken, bloß nichts damit zu tun haben, lieber die eigene Haut, die eigene Familie, den eigenen Job, die eigene Karriere ins Zentrum des Bewusstseins stellen. Parteien und Gewerkschaften verloren ihre Mitglieder, die Kluft zwischen „denen da oben und uns hier unten“ wuchs.

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Doch in Zeiten von Kriegen und Krisen, Klimawandel und Inflation ist Desinteresse an der Politik wohl der schlechteste Ratgeber; das erkennen derzeit immer mehr Menschen. Sie gehen auf die Straße, um die Werte einer rechtsstaatlichen Gesellschaft zu verteidigen. Nicht nur das: Sie treten wieder in die Parteien ein und in die Gewerkschaften. Sie streiten nicht nur, diskutieren und schimpfen, sondern sie werden selbst aktiv.

Die AfD verliert in Umfragen so stark wie keine andere Partei

Und das hat bereits Einfluss auf die Umfragen. So verliert die AfD im aktuellen Deutschlandtrend mit drei Prozent so viel wie keine andere Partei. Ob der Trend nachhaltig ist, inwieweit das Bündnis Sahra Wagenknecht daran einen Anteil hat und was das für die etablierten Parteien bedeutet, bleibt abzuwarten.

Birgitta Stauber ist Textchefin in der FUNKE Zentralredaktion.
Birgitta Stauber ist Textchefin in der FUNKE Zentralredaktion. © Berlin | Reto Klar

Bei allem Optimismus: Eine Folge dieses erwachten Bewusstseins für die Politik ist sicher auch eine weitere Polarisierung der Gesellschaft, und darin liegt natürlich eine große Gefahr. Doch zunächst einmal zeigt es: Die Demokratie ist lebendig. Und das macht sie auch wehrhaft.