Berlin. Das Wahlergebnis in der Hansestadt ist nicht nur ein Alarmsignal für die Grünen. Einen Grund zur Sorge sieht auch eine andere Partei.

Für die erfolgsverwöhnten Grünen ist die Bremen-Wahl eine Riesenenttäuschung, mit der die Partei noch länger beschäftigt sein könnte. Die Debatte um die Pläne von Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck zum Austausch alter Heizungen gegen klimafreundlichere Modelle beschäftigt Deutschland seit Wochen – und war auch Thema im Bremen-Wahlkampf. Die Kritik an den persönlichen Verbindungen in Habecks Ministeriumsspitze und die „Trauzeugen-Affäre“ um Staatssekretär Patrick Graichen könnten ebenfalls zu den deutlichen Verlusten an der Weser beigetragen haben.

Für die Grünen bleiben somit drei Erkenntnisse: Erstens, schlecht erklärte und bisweilen schlecht gemachte Politik wird in der Bevölkerung auch so wahrgenommen – mit den entsprechenden Folgen an der Wahlurne. Die Partei müsse analysieren, was sie besser machen müsse, räumte Grünen-Parteichef Omid Nouripour ein, dies sei „kein schöner Abend“ und die „Enttäuschung groß“.

Heizungsdebatte: Dagegen-Parteien wie die AfD profitieren

Zweitens: In Umfragen ist vielen Bürgern der Klimaschutz näher, als wenn es ganz konkret um Wärmepumpen im eigenen Haus und die damit verbundenen Kosten geht. Und schließlich: Wenn beides schon in Bremen zu deutlichen Verlusten führt, steht den Grünen 2024 mit drei Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen ein ganz schweres Wahljahr im Osten bevor.

Für die AfD hingegen ist der Wahlausgang eine gute Nachricht, obwohl die Partei es selbst vermasselt hatte, in dem Stadtstaat anzutreten. Dass die rechtspopulistische Wählervereinigung Bürger in Wut (BiW) nach ersten Ergebnissen auf ein zweistelliges Ergebnis hoffen kann, zeigt das Potenzial, das Dagegen-Parteien wie die AfD etwa aus der Debatte um den Heizungsaustausch schöpfen können.

Union kritisierte Habeck – profitiert aber nicht

Das ist aber nicht nur für die Grünen ein Grund zur Sorge. Das Ergebnis der Bürger in Wut müsse alle etablierten Parteien beunruhigen, sagte CDU-Vizechef Carsten Linnemann. „Da müssen wir höllisch aufpassen.“ Der CDU gelang es trotz der zuletzt lautstark geäußerten Kritik an Habecks Heizungspolitik und der von den Unionsparteien heftig angeheizten Debatte um Staatssekretär Graichen nicht, bei der Landtagswahl Kapital daraus zu schlagen. Das ist ebenso eine schlechte Nachricht für CDU-Chef Friedrich Merz, der schließlich mal die Parole ausgegeben hatte, die AfD zu halbieren, wie für den CSU-Vorsitzenden Markus Söder, der sich im Oktober in Bayern zur Wiederwahl stellt.

Die FDP ging wegen des Gesetzes zum Heizungsaustausch innerhalb der Ampel-Regierung in die Opposition – hangelte aber wieder einmal am Wahlabend auf der Fünf-Prozent-Hürde. Profitiert haben von der Unruhe um die Heizungen also allein die Populisten. Der Chef der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Dürr, war kurz nach Schließung der Wahllokale dennoch zufrieden. Generell sei die Lage für die FDP in Stadtstaaten wie Bremen ein bisschen schwieriger, sagte Dürr. „Das haben wir auch in Berlin gesehen.“

SPD-Chef: Toller Rückenwind für uns in Berlin

Die SPD kann sich immerhin darüber freuen, dass sie wohl die Macht an der Weser behält und mit Andreas Bovenschulte weiterhin den Regierungschef stellt. Nach der Wiederholungswahl in Berlin noch einen Ministerpräsidenten zu verlieren, hätte die Stellung der SPD im Kreis der Länder deutlich geschwächt. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sprach von einem schönen Abend: „Wir sind saustolz.“ Parteichef Lars Klingbeil ließ erkennen, wie froh er trotz der Turbulenzen in der Ampel über den SPD-Erfolg in Bremen ist: „Das ist ein toller Rückenwind auch für uns hier in Berlin.“

Aufatmen kann die Linke. Der bereits bei der Berlin-Wahl gestoppte Abwärtstrend der vergangenen Monate hat sich auch in Bremen nicht fortgesetzt.

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