Berlin. In Umfragen steht die SPD nicht gut da, doch die Sozialdemokraten arbeiten bereits an der Wiederwahl von Scholz – das ist ihr Fahrplan.

Im Atrium der SPD-Parteizentrale herrscht Feierstimmung: Die Partei begeht ihren 160. Geburtstag. Dabei wird viel zurückgeblickt: Die Festredner erinnern an die Anfänge der Partei in der Arbeiterbewegung, den Widerstand im Nationalsozialismus, an Willy Brandt und Helmut Schmidt. Sogar der in der SPD in Ungnade gefallene Ex-Kanzler Gerhard Schröder, der zur Feier in der Parteizentrale nicht eingeladen war, wird erwähnt. Deutlich wird aber auch: Die SPD arbeitet bereits am Projekt Wiederwahl 2025.

Der Kandidat

Kanzler Olaf Scholz ist angetreten, um wiedergewählt zu werden. Dass er fest entschlossen ist, in zwei Jahren sein Amt zu verteidigen, stellte Scholz bereits Ende des vergangenen Jahres in einem Interview mit dieser Redaktion klar. Die SPD hat also einen entscheidenden Vorteil gegenüber der Konkurrenz, da die Kanzlerkandidatur geklärt ist. CDU und CSU haben die Frage noch nicht ausdiskutiert: Ob Friedrich Merz, Markus Söder oder Hendrik Wüst – jeder Unionskandidat hat den Nachteil, gegen den Amtsinhaber anzutreten. Auch die Grünen sind noch längst nicht sortiert.

Der Wahlkampfmanager

Dass Kevin Kühnert ein Händchen für Kampagnen hat, stellte der SPD-Generalsekretär bereits als Juso-Vorsitzender unter Beweis. Mit seinem Feldzug gegen eine große Koalition brachte er vor fünf Jahren die SPD-Spitze ins Schwitzen. Nun also mehrere Nummern größer: eine Bundestagswahl, das ist auch für den 33-jährigen Kühnert Neuland. Ein Vorteil für Kühnert ist, dass er mit der Kampagne zur Europawahl in einem Jahr Erfahrung als Wahlkampfmanager sammeln kann. Die Vorbereitungen für den Europawahlkampf haben im Willy-Brandt-Haus bereits begonnen.

Bundeskanzler Olaf Scholz will wiedergewählt werden - an der Spitze einer Neuauflage der Ampel-Koalition.
Bundeskanzler Olaf Scholz will wiedergewählt werden - an der Spitze einer Neuauflage der Ampel-Koalition. © dpa | Soeren Stache

Kühnert habe die Strukturen in der Parteizentrale zudem so verändert, dass die Maschinerie nicht erst mühsam in Gang kommen müsse, wenn es in den Wahlkampf gehe, heißt es in der SPD. Flexibel und allzeit startbereit soll das Kampagnenteam sein. An seiner Seite dürfte Kühnert im Europawahlkampf wieder die Agentur Brinkert Lück haben, die bereits für die SPD die erfolgreiche Kampagne bei der letzten Bundestagswahl konzipierte. Es gilt als wahrscheinlich, dass die Agentur auch 2025 für die Sozialdemokraten arbeitet. Nach dem Scholz-Wahlsieg gilt für die SPD hier: keine Experimente.

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Die Themen

Scholz nannte in seiner Ansprache bei der SPD-Feier die Themen, die in den kommenden Jahren für ihn im Vordergrund stehen. Der Kanzler steht zu einer anhaltenden Unterstützung für die Ukraine, er will zudem Wirtschaft und Gesellschaft klimagerecht umbauen, um die Erderwärmung zu stoppen. Diese Aufgabe müsse begriffen werden als ein Weg, „den wir gemeinsam gehen“, sagte Scholz. „Gelingen wird uns dieser große Aufbruch nur dann, wenn alle Bürgerinnen und Bürger die Zuversicht haben können: Das geht gut aus.“ Der Kanzler will mit dem Thema Klimaschutz niemanden verschrecken.

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Scholz wiederholte zudem die Forderung seiner Partei nach Respekt für alle Menschen in der Gesellschaft von der Chefärztin über die Altenpfleger und Reinigungskräfte bis zur Kassiererin im Supermarkt. „Respekt – das heißt, dass niemand auf andere herabschaut, weil er oder sie sich selbst für stärker hält, für gebildeter, für reicher oder für besonders woke“, fügte der Kanzler hinzu. Das alles ist noch kein Wahlprogramm, die Leitplanken dafür hat Scholz aber bereits formuliert.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert soll den Wahlkampf 2025 planen.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert soll den Wahlkampf 2025 planen. © dpa | Bernd von Jutrczenka

Die Erzählung

Schon jetzt lässt sich ablesen, dass die SPD als Argument für ihre Wahl voll auf ihren Status als Kanzlerpartei setzen wird, die mit Weitsicht und großer Verantwortung zum Wohle des Landes handele. Ein Auszug aus den Reden zum SPD-Jubiläum: „Wir regieren, wir entscheiden, wir handeln. Praktisch, tatkräftig, zuverlässig“ (Olaf Scholz). „Wir haben eine starke, sozialdemokratisch geführte Regierung. Eine Regierung, die in den vergangenen Monaten den internationalen Zusammenhalt gegen die russische Aggression organisiert hat. Die eine Wirtschaftskrise und eine soziale Krise abgewendet hat“ (Saskia Esken). „Lasst uns, die gestaltende Kraft der nächsten Jahre sein. Das ist gut für Deutschland“ (Co-Parteichef Lars Klingbeil).

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Die Koalition

Die SPD setzt darauf, die Ampel-Koalition fortzusetzen, das macht Scholz bei jeder Gelegenheit deutlich, mit dieser Ansage dürften die Sozialdemokraten auch 2025 in den Wahlkampf ziehen. Schließlich bleiben ihnen auch kaum andere Optionen, wenn es keine Neuauflage der großen Koalition mit der Union geben soll. Auch der Führungsstil des Kanzlers in der Koalition ist auch darauf ausgelegt, FDP und Grüne bei der Stange zu halten. Trotz mancher Querelen vermeidet Scholz einen Basta-Stil, auch wenn er dafür öffentliche Streitigkeiten und damit kritische Berichterstattung ertragen muss.

Die Chancen

In den Umfragen liegt die SPD mit 17 bis 19 Prozent deutlich hinter der Union – und damit nur knapp vor Grünen und AfD. In der letzten Erhebung des Allensbach-Instituts kam die SPD mit 18 Prozent auf den schlechtesten Wert, den das Institut jemals für eine Kanzlerpartei gemessen hat. Autsch. Seit dem Scholz-Wahlsieg kokettieren alle in der SPD allerdings damit, Umfragen, vor allem weit vor einer Wahl, nicht mehr wichtig zu nehmen. Es gibt in der SPD zudem die Hoffnung auf einen Schub, wenn der Kanzlerkandidat der Union feststeht. Das gilt besonders, falls es auf einen Zweikampf zwischen Scholz und dem CDU/CSU-Herausforderer hinausläuft.