Hartha. Sturmschäden, Mindestlohn und eine gesperrte Straße: Ein Obstbauer aus Hartha erzählt, warum er an die Reserven gehen muss.

  • Warum sich Obstbauer Roberto Geier mit den Landwirten solidarisiert.
  • Welche Sorgen den Familienbetrieb in Hartha seit Jahren plagen.
  • Was Mindestlohn und Naturgewalten für die Familie bedeuten.

Obstbauer Roberto Geier sitzt am Mittwochmorgen am Schreibtisch in seinem Büro in Hartha. Einige Kilometer weiter läuft der Bauernprotest mit Blockaden der Autobahnzufahrten in Schmölln und bei Beerwalde. Die Wut der Landwirte versteht er.

Das Problem der Branche ist: alles ist Handarbeit

Schon bei der ersten Protestwelle Anfang Januar schloss sich Roberto Geier den Bauern an. Bei den Sternfahrten war er mit dabei, beim großen Mahnfeuer in Schloßig ebenfalls. Er kennt die Sorgen der Landwirte im Altenburger Land. Der Familienbetrieb der Geiers treibt diese schon längst um. „Das Problem in unserer Branche ist: bei uns ist alles Handarbeit“, fasst er zusammen. Er könne nicht mit einer großen Maschine in die Erdbeerfelder oder zwischen die Johannis- und Brombeeren. „Alles muss per Hand erledigt werden“, sagt er.

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Der größte Kostenfaktor sei also der Lohn. Weshalb die Geiers aktuell der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn schwer zu schaffen macht. Das Team polnischer Saisonarbeiter rückt im März an und arbeitet bis September/Oktober auf den Flächen des Obstgutes Geier. Der gesetzlich festgelegte Stundenlohn für die 25 sehr zuverlässigen Frauen und Männer schlägt in diesem Jahr mit 12,41 Euro zu Buche. In Polen ist er mehr als die Hälfte niedriger.

Preise der Geier-Produkte im Hofladen seit zwei Jahren stabil

Auch andere Kosten für den Obstbau-Betrieb haben sich deutlich erhöht: Energie, Diesel, Heizöl, Verpackungen, zählt Roberto Geier auf. Eine Refinanzierung gibt es nicht. Damit die Kunden des Hofladens in Hartha nicht wegbleiben, haben die Geiers die Preise für ihre Produkte dort seit zwei Jahren nicht erhöht.

Bei Lieferungen an den Großhandel zahlt der Familienbetrieb drauf

Keinen Einfluss haben sie indes auf jene Erzeugnisse, die sie dort für andere verkaufen oder auf die Preise für all das Obst, das sie an den Großhandel liefern. 400 Tonnen Äpfel waren das beispielsweise im vergangenen Jahr. Bei jedem einzelnen Kilo, so verdeutlicht Geier, legt sein Unternehmen 8 bis 12 Cent drauf. „Was wir im vergangenen Jahr drauflegten für unsere Produkte an den Großhandel, kann sich also jeder ausrechnen“, sagt Roberto Geier. Und dagegen vorgehen? „Dann ist man raus aus dem Geschäft, zwei, drei andere Anbieter in ganz Europa stehen dann sofort bereit“, erzählt er.

In den vergangenen 15 Jahren haben die Geiers die Fläche, die sie bewirtschaften, auf ein Zehntel reduziert. 25 Hektar sind aktuell im Anbau. Die wird nochmal kleiner demnächst durch die von der EU geforderten Flächenstilllegung. Die Geiers hoffen, dadurch wenigstens die laufenden Kosten für den Betrieb im Griff zu behalten.

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Zumal auch Unwetter ihren Tribut vom Familienbetrieb fordern. „Wir hatten alles: Frost, Hagel, Überschwemmung, Sturmschäden“, blickt er zurück. Und nennt auch die Summe, die investiert werden musste, um entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen: eine halbe Million Euro in den vergangenen zehn Jahren. Gestemmt haben die Geiers diese Summe zum einen mit Fremdkapital und zum anderen dadurch, dass sie sich privat finanziell nackig machen mussten, wie er unumwunden zugibt.

Keine großen Sprünge für die Familie möglich

Große Sprünge kann die Familie also nicht machen. „Bei uns hängt der Brotkorb eigentlich immer recht hoch“, sagt Geier. Seit sieben Jahren verzichteten die Geiers auf Familienurlaub. Gehen sie mal Essen, dann in die Dorfkneipe. Der Schwerpunkt des Betriebes liegt inzwischen auf dem eigenen Hofladen in Hartha und auf der Stammkundschaft dort. Wenigstens so bleibt ein Teil der Wertschöpfung im Haus, begründet Roberto Geier. Klasse und Qualität, statt Masse - so heißt das Prinzip. Dafür und um Lohnkosten zu sparen, legen sie selbst fleißig Hand an. Sonntags putzen sie den Hofladen, räumen im Apfellager. „Ich ich mache alles: von Hof fegen bis Pflanzenschutz. Ich bin mir nicht zu schade“, umreißt Roberto Geier.

Wenn die Eisenberger Straße nochmal voll gesperrt wird, kann ich meine Bude zu machen.
Obstbauer Roberto Geier

Das Firmenkonzept ist allerdings ein fragiles, wenn äußere Einflüsse hinzukommen. So wie die mehrmonatige Vollsperrung der Eisenberger Straße 2022. Damals ließ das Thüringer Landesamt für Bau und Verkehr ein Teilstück für die künftige Ortsumgehung Hartha errichten. Das kostete die Geiers damals 50 Prozent des Jahresumsatzes, da der Betrieb auf den Fahrverkehr vor der Hofladen-Tür angewiesen ist. Ersetzt hat diesen Ausfall niemand. „Und ich sag‘s ganz ehrlich: wenn es nochmal zu einer solchen Vollsperrung kommen sollte, kann ich meine Bude hier echt zu machen“, so Roberto Geier.