Hohenleuben. Historikerin Antje Dunse erinnert an eine Sagengestalt aus dem Vogtland, die bis heute im Kreis Greiz lebendig gehalten wird.

Das liebliche Vogtland ist im wahrsten Sinne des Wortes, sagenumwoben. Ein Netz aus Geschichten über fantastische Sagengestalten, wie das Moosmännle mit seinem Moosweible, den schwarzen Jäger und die Wassermänner, umspannt die Dörfer und Städte. Eine Sagengestalt, die in den überlieferten Geschichten auftaucht, ist Georg Kresse – der Bauerngeneral. Doch im Gegensatz zu Moosmännle und Co. hat er wirklich gelebt. In den alten Kirchenbüchern kann man nachlesen, dass er am 23. April 1604 als viertes Kind des Bauern und Dorfrichters Georg Kresse und seiner Ehefrau Katharina in Dörtendorf zur Welt kam. Es war eine ungute Zeit, in die er geboren wurde. 1618 begann mit dem „Fenstersturz zu Prag“ der Dreißigjährige Krieg.

Es war ein brutaler Krieg, unter dem das Vogtland sehr gelitten hat

Von 1618 bis 1648 tobte der Dreißigjährige Krieg, es war ein Konfessionskrieg, in dem kaiserliche Heere gegen die Protestanten kämpften. Jene neue, kirchliche Bewegung, die durch die Reformation von Martin Luther ausgelöst wurde. Das Vogtland wurde durch marodierende Horden und brandschatzende Soldaten verwüstet. Dörfer wurden niedergebrannt und geplündert. Die Not war sogar so groß, dass selbst Adlige zu Räubern wurden.

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So ist unter anderem nachgewiesen, dass Heinrich IV. Reuß aeltere Linie, die Festnahme des Junkers Hans Georg von Witzdorf, wegen Wegelagerei, fordert. Hunger, Tod und Elend herrschten im Vogtland. Die Menschen lebten in Angst und Schrecken. Aber einer von ihnen begann sich zu wehren: Georg Kresse.

So wird Georg Kresse auf einem alten Bild dargestellt. Im Vogtland wurde er der Bauerngeneral genannt.
So wird Georg Kresse auf einem alten Bild dargestellt. Im Vogtland wurde er der Bauerngeneral genannt. © Funkemedien Thüringen | Sabine Maria Schoeneich

„Georg Kresse hat sich mit Freunden im Wald versteckt“, sagt die Leiterin des Museums Reichenfels, Antje Dunse, und erzählt weiter „von dort aus hat er, mit List und Tücke, den Soldaten ihre Beute wieder abgenommen und an die Bauern zurückgegeben.“ Seine Taten machten ihn schnell für die Menschen zum Volkshelden und viele Geschichten begannen sich um ihn und seine Weggefährten zu ranken. Schnell erzählte man sich auch wundersame Dinge über den Bauerngeneral. So soll er Freikugeln besessen haben. Es sind jene Kugeln, die nie ihr Ziel verfehlen und über die man sagt, dass man sie mit dem Teufel selbst gießen muss. Auch die Armbrust von Georg Kresse, soll besondere Fähigkeiten gehabt haben. „Es wurde im Volk erzählt, dass er zwei Pfeile gleichzeitig, die auch noch in verschiedene Richtungen flogen, damit abschießen konnte“, so Antje Dunse.

Gewehrkugeln aus dem Dreißigjährigen Krieg in einer Vitrine im Museum Reichenfels. Eine davon könnte Georg Kresse gehört haben.
Gewehrkugeln aus dem Dreißigjährigen Krieg in einer Vitrine im Museum Reichenfels. Eine davon könnte Georg Kresse gehört haben. © Funkemedien Thüringen | Sabine Maria Schoeneich

Heinrich IV. aeltere Linie Reuß berichtet in einem Schreiben von einer Heldentat Kresses

In einem Schreiben berichtet Graf Heinrich IV. aeltere Linie Reuß, wie „der Untertan Hanns Kress und Consorten zu Mehla die einquartierten Soldaten mit gewehrter Hand aus dem Quartier geschlagen“. Es ist anzunehmen, dass damit Georg Kresse gemeint war. Fakt ist, dass sich sein wehrhafter Ruf auch im feindlichen Lager herumgesprochen hatte. So wird berichtet, dass ein Bauer, als man seinen Hof plünderte, in seiner Not gerufen haben soll „Kresse, hilf, Kresse, hilf“, was die Soldaten veranlasste, in Panik davonzulaufen. Wiederum historisch belegt ist, dass Georg Kresse zusammen mit einem Pöllwitzer Bauern zwischen Brückla und Triebes „auf der Kuhleiden“ den kaiserlichen Offizier Georg Bohle, der mit einer Gruppe von Reitern zur Wache nach Zeulenroda unterwegs war, erschossen hat. Kresse selber konnte entkommen, aber sein Gefährte wurde gefangen genommen und in Schleiz grausam hingerichtet.

Klein gehäckseltes Stroh verwandelte sich in Soldaten

Georg Kresse, war zu seiner Zeit bei Freund und Feind in aller Munde. So wird berichtet, dass selbst die feindlichen Soldaten, über die Heldentaten von Kresse bei den Einheimischen mehr erfahren wollten. Eine Sage über ihn erzählt, dass ein Bauer den einquartierten Fremden ein Vorkommnis bei den Teichen schilderte. „Als Kresse einstmals von Freibeutern verfolgt wurde, hätte er Häckerlinge, klein gehäckseltes Stroh, ausgestreut und auf wundersame Art und Weise wären daraus Soldaten gewachsen. Es waren so viele, dass seine Verfolger zurückweichen mussten.“ Laut Überlieferung, soll Georg Kresse auch Haselruten, die er um ein Dorf gesteckt hatte, in Soldaten verwandelt haben.

Trotz der wirren Zeiten, war Zeit für die Liebe

Trotz der wirren Zeiten hatte sich Georg Kresse verliebt. In Anna, die Tochter des Müllers Philipp Pissel. Wie man in einem alten Kirchenbuch nachlesen kann, heiratete er seine Anna am 20. November 1638 in Piesegitz. Ein Jahr später, 1639, wurde dann seine Tochter Magdalene geboren. Georg Kresse hatte aber wohl nicht nur auf Anna einen tiefen Eindruck bei der Weiblichkeit hinterlassen. Man erzählt über ihn, dass als er einmal in Triptis in einem Gasthaus gesessen hatte, eine Magd so bezauberte, dass diese dachte, sie wate in tiefem Wasser. Zum Ergötzen der Anwesenden hob sie daher ihren Rock immer mehr in die Höhe.

Auch der Tod von Georg Kresse ist von Mythen umrankt

Antje Dunse vor Auszügen aus Kirchenbüchern mit Eintragungen über Georg Kresse, dem legendären Bauerngeneral.
Antje Dunse vor Auszügen aus Kirchenbüchern mit Eintragungen über Georg Kresse, dem legendären Bauerngeneral. © Funkemedien Thüringen | Sabine Maria Schoeneich

Doch irgendwann versagte bei Georg Kresse alle Zauberei. Selbst die, dass er sich unsichtbar machen konnte. Er wurde in Auma von Reitern des Generals Hatzfeld aufgegriffen und überwältigt und noch am gleichen Tag erschossen. Doch der Mythos besagt, dass das nicht so einfach war. Die Kugeln trafen ihn zwar, aber seine Zauberkraft machte ihn unverwundbar. So sagte Kresse, man solle seinen Pudel, so nannte er sein Gewehr, vom Boden aufheben und damit auf ihn schießen. Die von dieser Flinte abgefeuerte Kugel traf ihn sofort. So starb der Bauerngeneral, den man auch „Erzschnapphahn“ nannte, am 1. November 1641 mit nur 37 Jahren. Seine kleine Tochter Magdalene überlebte ihn nur drei Jahre. Sie starb 1644 mit gerade mal sechs Jahren. So gibt es keine direkten Nachfahren von Georg Kresse, dem „Robin Hood des Vogtlandes“.

Noch heute kann man im Kreis Greiz auf seinen Spuren wandeln

Das Museum Reichenfels hat es sich zu Aufgabe gemacht, den Bauerngeneral Georg Kresse, nicht in die Vergessenheit geraten zu lassen. In einer eigens für ihn eingerichteten Ecke im Museum Reichenfels, der „Kresse-Ecke“, hält man sein Leben und Wirken lebendig. „Kresse soll im Gedächtnis der Vogtländer bleiben“, will Antje Dunse sein Vermächtnis bewahren. Wer auf den Spuren von Georg Kresse wandeln will, kann das auf einem Wanderweg tun. Zwischen Dörtendorf und Auma kann man die Stationen seines bewegten Lebens nachvollziehen.