Saalfeld. Ein Gesprächskonzert im Schlösschen Kitzerstein porträtiert Walther von Goethe als sensiblen Künstler und Gestalt von Welt.

Frankfurt am Main, Weimar, Saalfeld: Stefan Efler, der Vorsitzende der Saalfelder Goethe-Gesellschaft, stellt die Feengrottenstadt am Dienstagabend in eine illustre Reihe der Aufführungsorte eines Gesprächskonzerts, das Walther von Goethe (1818-1885) porträtiert. In Liedern, Instrumentalstücken und Texten zeichnen Bassbariton Ulf Bästlein aus Graz, Pianist Christoph Ritter und Literaturwissenschaftlerin Ariane Ludwig, beide aus Weimar, ein beeindruckendes Bild des Enkels von Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) und holen ihn so nicht nur aus dem Schatten seines Übergroßvaters, sondern auch aus dem Vergessen in die Gegenwart. Der gut gefüllte Kirnbergersaal im Schlösschen Kitzerstein ist dafür der passende Rahmen.

„Endlich weiß ich, aus welch schöner Stadt Kirnberger stammt“, kommentiert Ulf Bästlein den Veranstaltungsort. Als promovierter Germanist, Altphilologe und studierter Sänger verfügt der Professor für Gesang an der Kunstuniversität Graz über die besten Voraussetzungen, Walther von Goethe gerecht zu werden. Denn der war Komponist, Schriftsteller und Kulturpolitiker. „Er gilt als merkwürdiger Hagestolz, immer krank, aber das stimmt ganz und gar nicht“, so Bästlein, der seine Sensibilität, seine Ironie und seinen Humor hervorhebt: „Und er hat sehr gut komponiert“, außerdem einen Roman geschrieben und als Journalist gearbeitet. Trotzdem lastete der berühmte Name auf Walther von Goethe, obwohl er selbst keinen Wert legte auf die Goethe-Enkelrolle. „Ich will ja gar keinen Ruhm“, schrieb er 1839 an Adele Schopenhauer, auch mit Blick auf sein eigenes Werk, zu dem drei Opern, Lieder, Balladen und Instrumentalkompositionen gehören.

Im Schatten des Großvaters aufgewachsen

In biografischen Texten, Briefen und Zeitzeugenzitaten berichten Ariane Ludwig, Mitarbeiterin der Klassik Stiftung Weimar, Christoph Ritter, Professor an der Musikhochschule Weimar, und Bästlein vom Leben ihres Protagonisten. Seine Kindheit war geprägt „von einem liebevollen Großvater“, den Walther, sein Bruder Wolfgang und seine Schwester Alma zärtlich „Apapa“ nannten, der die drei förderte und stolz auf sie war. Die Enkel lebten mit ihren Eltern, August von Goethe und Ottilie, geborene von Pogwisch, in der Mansarde des bekannten Hauses am Frauenplan in Weimar. Im Arbeitszimmer des Dichterfürsten habe sogar ein Schreibtischchen für die Enkel gestanden: „Es war ein sehr berührendes Miteinander.“

Schon in jungen Jahren kam Walther dadurch mit den schönen Künsten und Naturwissenschaften in Berührung, lernte berühmte Besucher seines Großvaters kennen. Seine musikalische Begabung wurde gefördert, beispielsweise durch Musikunterricht bei Felix Mendelssohn Bartholdy und Carl Loewe.

Melancholischer Künstler zieht sich zurück

Doch als die erste Oper des 22-Jährigen durchfiel, als er nicht den „Wegbereitern der neuen deutschen Schule“ Franz Liszt und Richard Wagner folgte, so Bästlein, sondern seinem romantischen Stil treu blieb, zog sich der melancholische Künstler zurück. Sein letztes gedrucktes Werk stammt von 1844. Nun schrieb und komponierte er nur noch für sich, lebte bald in Wien. Als „Fehler meiner Musik“ sah er ihre „zu große Innerlichkeit“.

1853 holte ihn der gleichaltrige Großherzog Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach als Kammerherrn und „Kulturminister“ nach Weimar zurück. Walther von Goethe wohnte nun wieder in der Mansarde am Frauenplan, im „Goethe-Mausoleum“, wie er sagte, und sah sich als „Stationsbeamter und Hüter des Goethe-Nachlasses“. Diesen überschrieb er als letzter Nachfahre an den Staat Sachsen-Weimar-Eisenach, die Schriftstücke an Großherzogin Sophie, alles Nichtbewegliche an Carl Alexander.

Enkel-Nachlass soll weiter aufgearbeitet werden

Deshalb würdigt Bästlein ihn als „Gestalt von Welt und kulturhistorischer Bedeutung“, der zum „Kulturzentrum Weimar“ entscheidend beitrug. Deshalb stehen im Programm des Gesprächskonzerts aber auch zwei Uraufführungen nach mehr als 150 Jahren: das von Walther von Goethe komponierte und getextete Lied „Unvergängliches“ und das von ihm vertonte „Kophtische Lied“ seines Großvaters.

Es werden nicht die letzten sein, denn Bästlein kündigt die Aufarbeitung des Enkel-Nachlasses, der ebenfalls im Goethe- und Schiller-Archiv Weimar liegt, im Rahmen eines künstlerisch-wissenschaftlichen Projekts an, an dem Institutionen in Weimar, Frankfurt/Main, Düsseldorf, Graz und Wien beteiligt sind. Schon im April startet dazu ein mehrtägiger Workshop in Graz, weitere in Weimar, Spanien und Portugal sollen folgen. Die Liste illustrer Aufführungsorte wird also fortgeschrieben. (sb)

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