Berlin. E-Autos sind gut für die Umwelt. Wer Tausende Euro Prämie vom Staat mitnehmen will, muss sich aber beeilen – denn es drohen Kürzungen.

Ob VW, Mercedes, BMW, Audi, Porsche, Opel, Hyundai, Tesla oder BYD. Gut 50 Hersteller und Marken bieten in Deutschland Elektro-Autos mehr als 260 Modelle an. In diesem Jahr wurden bis Ende April 124.476 E-Autos neu zugelassen und damit 17,6 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Doch die Mehrheit kauft immer noch Fahrzeuge mit Verbrennermotoren, so das Kraftfahrt-Bundesamt. Lohnt sich der Umstieg auf E-Autos? Unsere Redaktion hat bei Autoexperten und dem ADAC nachgefragt.

Wie viele E-Autos fahren auf deutschen Straßen?

In Deutschland sind 48,8 Millionen Pkw angemeldet. Aktuell sind 1,08 Millionen reine Elektro-Autos unterwegs. Das sind etwa 2 Prozent aller fahrenden Pkw. Ziel der Bundesregierung ist es im Rahmen des Klimaschutzgesetzes, die Zahl der E-Autos bis zum Jahr 2030 auf 15 Millionen zu erhöhen. Die meisten Fahrzeuge – rund 45 Millionen – fahren jedoch noch mit einem Verbrennermotor, weitere rund 3 Millionen sind Hybridfahrzeuge oder nutzen Gas.

Sind E-Autos teurer als Verbrenner?

Manche E-Autos fahren günstiger als Verbrenner, manche teurer. „Das variiert von Modell zu Modell“, berichtet der ADAC, der hunderte Modelle verschiedener Hersteller einem Kostenvergleich unterzogen hat. In die Bilanz müssen immer Kaufpreis, Wartung, Reparaturen, Versicherung und Wertverlust einberechnet werden.

Oft ist der Kaufpreis für E-Autos höher als vergleichbare Benzin- oder Dieselvarianten. Die Umweltprämie für E-Autos, die vom Staat und von Herstellern finanziert wird, senkt jedoch den Kaufpreis für E-Autos um bis zu 6750 Euro. So kostet beispielsweise ein Opel Corsa e 36.395 Euro – abzüglich der Umweltprämie zahlen Käufer 29.645 Euro. Als Benziner kostet der Corsa 1.2 neu 26.950 Euro. Wer 30.000 Kilometer im Jahr damit fährt, zahlt laut ADAC mit der Elektrovariante 34,3 Cent pro Kilometer, die Verbrennervariante ist mit 36,2 Cent etwas teurer. Bei einer Leistung von 10.000 Kilometern ist die Elektro-Variante unterdessen mit 70,2 Cent pro Kilometer teurer als die Super-Ausführung mit 68,4 Cent pro Kilometer.

Bei den Unterhaltskosten haben Elektroautos Vorteile. Sie sind – je nach Strompreis – günstiger im Betrieb, bei der Wartung sowie bei der Steuer. Auf dem Gebrauchtwagenmarkt erzielen laut ADAC sowohl Verbrenner als auch E-Autos aktuell hohe Restwerte.

Wie teuer ist das günstigste E-Auto?

Die Preise variieren stark je nach Modell, Ausstattung, Batterie und Größe. Das günstigste Angebot ist der Dacia Spring für 22.750 Euro. Nach Abzug der Umweltprämie kostet der Wagen noch 16.000 Euro, sagt der Direktor des CAR-Instituts Ferdinand Dudenhöffer. Nach oben sind so gut wie keine Grenzen gesetzt. In der Topliga rangiert der Rennsportwagen Lotus Evija, der mit 2,01 Millionen Euro gelistet ist.

Immer mehr Menschen kaufen E-Autos. Ob bis 2030 jedoch tatsächlich 15 Millionen E-Autos auf deutschen Straßen fahren ist ungewiss.
Immer mehr Menschen kaufen E-Autos. Ob bis 2030 jedoch tatsächlich 15 Millionen E-Autos auf deutschen Straßen fahren ist ungewiss. © dpa | Sven Hoppe

Gibt es noch „Kinderkrankheiten“ bei E-Autos?

Kinderkrankheiten sind laut ADAC nicht mehr zu befürchten. In der Pannenstatistik des ADAC schneiden junge E-Fahrzeuge sogar besser ab als vergleichbare Verbrenner. Die Batterien werden zugleich immer besser und leistungsfähiger – und verlängern die Reichweiten.

Wie groß ist heute die Reichweite eines E-Autos?

Mit E-Autos kommt man heute über 600 Kilometer weit. Im Durchschnitt beträgt die Reichweite etwa 300 Kilometer. Nach einem ADAC-Test hat der BMW iX xDrive 50 mit 610 Kilometer die höchste Reichweite, gefolgt vom Mercedes EQS mit 575 Kilometern. Der Tesla Model 3 kommt 415 Kilometer weit, ein kleiner Renault Twingo 150 Kilometer. Entscheidend ist neben der Batteriegröße auch die Witterung und Geschwindigkeit. Frostige Temperaturen und ein hohes Tempo können die Reichweiten – im Extremfall bis zu 50 Prozent - schmälern.

Wie hoch ist der Stromverbrauch?

Besonders wenig Strom verbrauchen laut ADAC-Ecotest der Hyundai Kona Elektro (16,7 Kilowatt je 100 Kilometer), der Tesla Model 3 (16,8 kWh) und Fiat 500e Cabrio (17,4 kWh). Ein VW ID.3 schluckt 19,3 kWh, ein BMW i4 eDrive 19,5 kWh. Ein großer Mercedes EQV 300 verbrauchte in dem standardisierten ADAC-Test 30,9 kWh. Mit der Größe steigt in der Regel der Verbrauch.

Auf was sollten Käufer von E-Autos achten?

E-Auto-Interessenten sollten prüfen, welche Strecken sie regelmäßig zurücklegen, welche Lademöglichkeiten zur Verfügung stehen, welche Ladetechnologie benötigt wird (Schnellladen) und wie hoch das verfügbare Mobilitätsbudget ist, empfiehlt der ADAC. Von Vorteil ist eine Wallbox – Ladestation – zu Hause. Wer täglich lange Strecken von 800 und mehr Kilometer fährt, für den das E-Auto noch nicht das ideale Gefährt, meint Dudenhöffer. Entscheidend ist auch der „Spritverbrauch“. Mehr als 15 kWh/100 km sollten die Autos nicht verbrauchen, es sei denn es handelt sich um SUV oder Oberklasseautos.

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Sollten Menschen ohne E-Ladestation in ihrer Nähe ein E-Auto kaufen?

Wer zu Hause nicht laden kann, sollte besonderen Wert auf die Schnellladetechnologie und eine größere Batterie legen – sowie prüfen, ob günstige Lademöglichkeiten in der unmittelbaren Umgebung verfügbar sind. ADAC und Autoexperten empfehlen, über Abo-Modelle für einige Monate zu testen, inwieweit sich ein E-Auto für den individuellen Bedarf als alltagstauglich erweist.

Was kostet Stromtanken?

Die Stromkosten variieren deutlich. Wer sein Auto Zuhause mit dem Strom aus einer eigenen Photovoltaik-Anlage laden kann zahlt etwa 10 Cent pro kWh, Strom aus der Steckdose kostet um die 40 Cent, so der ADAC. An öffentlichen Ladestationen werden je nach Region und Anbieter zwischen 50 bis 80 Cent fällig. Die Ladedauer hängt von der Größe der Batterie, der Ladegeschwindigkeit und Infrastruktur ab – und dauert zwischen 30 Minuten und mehreren Stunden. Bundesweit gibt es laut Bundesnetzagentur 70.695 Ladesäulen sowie 14.378 Schnellladepunkte.

An diesem Schild erkannt man den Hinweis auf Ladesäulen für E-Autos.
An diesem Schild erkannt man den Hinweis auf Ladesäulen für E-Autos. © dpa | Jan Woitas

Ist es noch sinnvoll, ein Auto mit Verbrennermotor zu kaufen?

Trotz des Verkaufsverbots neuer Benziner oder Diesel in Europa ab 2035, dürfen alle vorhandenen Autos weitergefahren oder weiterverkauft werden. Nutzer sollten ihre Bedarfe individuell prüfen, rät der ADAC. Wer beispielsweise viel mit Anhängern fahre, für den seien E-Autos nicht ideal. Für diejenigen, die zuhause eine Lademöglichkeit schaffen könnten, sei das E-Auto häufig eine gute und günstige Wahl.

Wer sind unter den Herstellern die Trendsetter?

Tesla ist nach einer Untersuchung des internationalen Umweltforschungsverbunds (ICCT) aktuell der erfolgreichste E-Autohersteller der Welt beim Übergang zu abgasfreien Autos, gefolgt von dem chinesischen Konzern BYD. Auf den Plätzen drei und vier landen BMW und VW, auf Platz 8 Mercedes-Benz. Teslas Vorsprung begründet die ICCT mit der Technik – die Autos fahren besonders sparsam, laden schnell und fahren weit. Die ICCT hatte einst den Abgasskandal bei VW aufgedeckt. Zur Begrenzung der Erderwärmung unter zwei Grad müssten laut ICCT 77 Prozent aller Autos weltweit emissionsfrei fahren.

Inwieweit ist die E-Prämie wichtig?

Die E-Auto-Förderung wirkt verkaufsfördernd. So hat die Abschaffung der Förderung für Plug-in-Hybride zu Jahresbeginn zu einem Einbruch der Absatzzahlen geführt. Gleichzeitig ist es aus Sicht von Autoexperten wichtig, dass Hersteller günstigere Fahrzeuge anbieten.

Wie hoch ist die Förderung für E-Autos?

Die Bundesregierung und Hersteller fördern den Kauf und das Leasing von Neuwagen mit Elektroantrieb oder Brennstoffzelle (Wasserstoff) mit einem Umweltbonus. Er orientiert sich am Nettolistenpreis des Basismodells. Den Höchstbetrag von 6750 Euro gibt es für E-Autos bis 40.000 Euro, 4500 Euro für Autos zwischen 40.000 und 65.000 Euro.

Für neue Leasing-E-Autos gibt es 3375 Euro bis 40.000 Euro, wenn diese zwischen 12 und 23 Monate geleast werden. Teurere Autos über 65.000 Euro werden nicht gefördert. Wichtig: Ab September 2023 dürfen nur noch Privatpersonen Anträge stellen. Ab 2024 werden wiederum nur noch Autos mit einem Kaufpreis von bis zu 45.000 Euro gefördert – mit maximal 4500 Euro. Das Auto muss mindestens 12 Monate auf den Antragsteller zugelassen sein.

Was bringt ein E-Kennzeichen?

Elektro-Autos können ein E-Kennzeichen als Nummernschild erhalten. Dies kann Vorteile bringen: In manchen Städten ist damit Parken im öffentlichen Raum kostenlos, man darf Busspuren nutzen. Oft ist das E-Kennzeichen Voraussetzung, um an einer Ladesäule parken zu dürfen.

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