Gotha. Immer mehr Menschen in Thüringen machen sich auf die Suche nach ihren Familien-Wurzeln. Dadurch verändert sich nach der Einschätzung von Ahnenforschern die Szene - und der Markt.

Die Deutschen interessieren sich nach der Einschätzung von Ahnenforschern immer mehr für ihre Vorfahren. „Das Interesse an der eigenen Familiengeschichte ist noch nie so stark gewesen wie im Augenblick“, sagte Dirk Weissleder, Vorsitzender der Deutschen Arbeitsgemeinschaft genealogischer Verbände e.V. (DAGV), der Deutschen Presse-Agentur.

„Die Zahl der Anfragen ist deutlich höher als früher“, sagte auch Christian Kirchner, Thüringer Landesvorsitzender der DAGV. Es gebe verschiedene Ursachen für das steigende Interesse, so die Familienforscher.

Ein Grund sei, dass immer mehr Daten online zu finden sind, sagten Weissleder und Kirchner: etwa Informationen über Taufen, Trauungen und Sterbedaten in digitalisierten Kirchenbüchern. Das wecke das Interesse vieler Menschen, die sich dann etwa mit Fragen zur richtigen Benutzung an Ahnenforscher wenden.

Ahnenforscher-Szene wird jünger und weiblicher

Über die sozialen Medien, zum Beispiel Facebook-Gruppen, ist es Kirchner zufolge für Interessierte zudem einfacher geworden, Genealogen zu kontaktieren. Mit dem steigenden Interesse verändere sich auch die Ahnenforscher-Szene. „Traditionell ist die Genealogie eher männlich und weißhaarig gewesen“ sagte Weissleder. Nun werde sie weiblicher und jünger. Und: Die Ahnenforscher seien heute viel besser vernetzt als früher, sagte Kirchner. Außerdem gebe es immer mehr internationale Anfragen.

Der Markt ist im Wandel begriffen und öffnet sich. «Das liegt an der Digitalisierung auf der einen Seite, aber auch die DNA-Forschung hat damit zu tun», erklärte der Genealoge Christian Hoske aus Eisenach. Bei der Ahnenforschung mit Gentests versprechen verschiedene Anbieter, mit einer Speichelprobe anhand der Erbinformation ablesen zu können, woher die Vorfahren stammen. Die Ahnenforscher sind skeptisch, aber nicht abgeneigt.

Als er einmal mit seiner Forschung an einem „toten Punkt“ angekommen war, habe ihm die Genforschung weitergeholfen und neue Hinweise auf Verwandte gegeben, sagte Hoske. Allerdings hat er datenschutzrechtliche Bedenken: „Die Frage ist: Was passiert mit dem ganzen DNA-Material, wie werden die Daten weiter ausgewertet?“

„In der DNA steht nicht das Geburtsdatum ihrer Urgroßmutter“, sagte Weissleder. Die Analyse sei kein Ersatz für die klassische Genealogie, könne aber eine nützliche Ergänzung sein. Welche Methode man auch wähle - die Stärke der Genealogie liege am Ende darin, «Menschen zu verbinden», sagte Weissleder.

Am heutigen Freitag startet in Gotha der Deutsche Genealogentag, zu dem bis Sonntag Hunderte Familienforscher erwartet werden. In der DAGV sind rund 22.000 Genealogen in 70 Mitgliedervereinen organisiert.