Erfurt/Weimar. Nicht nur in den Schulen mangelt es an Lehrpersonal. Auch den Fahrschulen fehlt der Nachwuchs. Das hat mehrere Gründe – und Folgen.

Dem Thüringer Fahrlehrerverband zufolge hat sich die Personalsituation bei Fahrschulen verschärft. "Es braucht vor allem mehr Fahrlehrerinnen", sagte der Vorsitzende des Thüringer Fahrlehrerverbands, Harry Bittner. Nur knapp zehn Prozent der Personen mit Fahrlehrerschein seien weiblich. "Ich finde das beschämend für unser Land." Dasselbe treffe auf das Prüfwesen zu. "Hier können Sie Prüferinnen mit der Lupe suchen, und Sie werden keine finden", erläuterte Bittner.

"Wir suchen Fahrlehrer/innen!!!" steht in roten Buchstaben auf der Startseite des Fahrlehrerausbildungszentrums "VI Verkehrsinstitut" in Zella-Mehlis. Auch Torsten Berger sucht für seine Fahrschule in Weimar "dringend Verstärkung für das Ausbildungsteam". Der Mangel sei keine Folge von Corona, sagt der Mann, dessen Fahrschule auch als Ausbildungsfahrschule für zukünftige Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer fungiert. "Wir suchen alle sehr angespannt - seit Jahren", so Berger.

Über die Hälfte der Fahrlehrer älter als 50 Jahre

Laut Bittner gibt es nach einer Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes in Thüringen 1274 Personen mit Fahrlehrerschein – 231 Personen weniger als 2015. Aktuell würden landesweit bei Vollbeschäftigung keine verfügbaren Kräfte vorhanden sein, so Bittner. Zudem seien 56 Prozent älter als 50 Jahre und müssten in den kommenden 15 Jahren ersetzt werden.

Fahrlehrer Berger richtet sich in seiner Jobanzeige ganz bewusst auch an Quereinsteiger. Er habe immer wieder mit Menschen zu tun, die gerne umschulen würden – "gute Leute". Doch die Kosten von bis zu 28.000 Euro für die insgesamt 13-monatige Weiterbildung seien für die meisten nicht erschwinglich und würden vom Jobcenter nicht getragen. Einige Fahrschulen suchten mittlerweile so verzweifelt nach Nachwuchs, dass es vor dem Ausbildungszentrum in Erfurt mitunter regelrecht zu einem "Fahrlehrerabwerben" komme, berichtete Berger.

"Bei den Fahrlehrerprüfungen gibt es einen Prüfungsstau", beklagte zudem Verbandsmann Bittner. Zwar werde vom Thüringer Landesverwaltungsamt mit Hochdruck daran gearbeitet, diesen abzubauen, er löse sich aber nur sehr langsam auf. "Es braucht mehr gut geschultes Personal im Thüringer Fahrlehrerprüfungsausschuss", schlussfolgerte Bittner. Es fehle an einer "vereinten Kraftanstrengung von Prüfern, Verwaltung und Verbänden".

Wartelisten bis zu einem halben Jahr

Der Stau bei der Ausbildung der Fahrschullehrkräfte führe auch zu einem Stau bei der Ausbildung der Fahrschülerinnen und Fahrschüler, berichtet Bittner. Mancherorts seien die Fahrschulen so überlastet, dass sie bis zum Jahresende trotz reger Nachfrage keine neuen Schüler aufnehmen könnten.

Aktuell müssten sich Interessierte bei ihm in Weimar auf die Warteliste für Februar setzen lassen, sagte Berger. "Irgendwann warten die Fahrschüler sechs bis sieben Jahre, ehe sie eine Fahrschule besuchen können", befürchtete er.