Berlin. Eigentlich gilt Intervallfasten als gesunde Art fürs Abnehmen. Chinesische Forscher behaupten jetzt, die Diätform sei brandgefährlich.

Immer wieder gibt es Studien zum Intervallfasten. Negative Ergebnisse treten dabei so gut wie nie auf. Dennoch kommt jetzt eine Studie der chinesischen Shanghai Jiao Tong University zu dem Schluss, dass diese beliebte Abnehm-Methode das Sterberisiko durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen um satte 91 Prozent erhöhen soll.

Die Studie wurde jetzt im Rahmen einer Konferenz erstmals vorgestellt, das vollständige Paper befindet sich derzeit noch in der Überprüfung. Doch was ist überhaupt dran an der Behauptung der chinesischen Forscher? Deutsche Experten zumindest äußerten jetzt gegenüber dem Science Media Center deutliche Zweifel an der Methodik der Studie.

Fasten-Studie mit über 20.000 Teilnehmern

In der Studie hatten die chinesischen Forscher die Essgewohnheiten von 20.000 US-Amerikanern ausgewertet, die im Rahmen einer anderen Studie über einen Zeitraum von acht Jahren erhoben worden waren. Danach analysierten die Forscher, wie sich die zeitlichen Essgewohnheiten auf das Sterberisiko durch Herzkreislauferkrankungen wie zum Beispiel einem Herzinfarkt auswirkte.

Intervallfasten gilt als gute Gelegenheit, um Gewicht zu verlieren. Doch hat diese Form der Diät etwa negative Auswirkungen auf die Gesundheit?
Intervallfasten gilt als gute Gelegenheit, um Gewicht zu verlieren. Doch hat diese Form der Diät etwa negative Auswirkungen auf die Gesundheit? © Shutterstock / Nok Lek Travel Lifestyle | Nok Lek Travel Lifestyle

Das Ergebnis der Studie: Wer am Tag nur in einem Zeitfenster von acht Stunden Nahrung zu sich nahm und der Rest der Zeit fastete, hatte ein um 91 Prozent erhöhtes Sterberisiko. Bei den Probanden, die bereits vor Beginn der Studie an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung litten und täglich in einem Zeitraum von weniger als zehn Stunden aßen, war das Risiko um 66 Prozent erhöht.

Die Ergebnisse stehen in großen Kontrast zu bisherigen Forschungserkenntnissen, die dem Intervallfasten bisher eher positive Eigenschaften zugeschrieben hatten. Demnach kann Intervallfasten nicht nur beim Abnehmen helfen, sondern sogar das Leben verlängern, wie eine Studie kürzlich erst gezeigt hatte.

Studie zu Intervallfasten: Experten kritisieren Vorgehensweise

Einige deutsche Ärzte schätzten die neue Studie als nur bedingt aussagekräftig ein, da mehrere entscheidende Aspekte außer Acht gelassen wurden. Grundsätzlich sei es sehr schwierig, allgemeingültige Aussagen über Intervallfasten zu treffen, da die Länge des Fasten-Zeitfensters und die Zusammensetzung der aufgenommenen Ernährung bei jedem Probanden sehr unterschiedlich sei. Ein Beispiel: Eine Person kann 16 Stunden am Tag fasten, in der Zwischenzeit aber nur Fastfood zu sich nehmen. Das dürfte die gesundheitlichen Vorteile vom Intervallfasten wohl negativ beeinflussen.

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Zudem wurde in der Studie nicht darauf geachtet, ob die Probanden wirklich Intervallfasten betrieben, oder aus anderen Gründen auf Mahlzeiten verzichteten. Dr. Stefan Kabisch, Studienarzt in der Klinik für Endokrinologie und Stoffwechselmedizin der Charité Berlin: „Das Auslassen von Mahlzeiten – insbesondere des Frühstücks – passiert gar nicht immer freiwillig. Viele Menschen verzichten aus zeitlichen oder finanziellen Gründen auf Mahlzeiten, gar nicht aus gesundheitlicher Motivation.“

Ähnlicher Meinung ist auch Prof. Dr. Andreas Michalsen, Chefarzt der Abteilung Naturheilkunde im Immanuel-Krankenhaus Berlin: „Auch Erkrankungen können Essensmodalitäten einschränken und verändern. Grundsätzlich wäre es wichtig zu wissen, ob das Frühstück oder Abendessen weggelassen wurde. Das Auslassen des Frühstücks kann bei kardio-metabolischen Erkrankungen zu ,Völlerei‘ am Abend führen, was ungünstig ist.“ Dadurch wird unter anderem Übergewicht begünstigt, was ein großer Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist.

Erhöhtes Sterberisiko durch Intervallfasten? Alternative Erklärungen wahrscheinlicher

Dr. Stefan Kabisch: „Die erhöhte Sterblichkeit resultiert oft aus Confoundern (Störfaktoren, Anm. d. Red.) wie geringem sozioökonomischem Status und Faktoren, die damit statistisch verknüpft sind, wie Rauchen, Alkoholkonsum oder Bewegungsmangel. Auch in der jetzt vorliegenden Studie ist der Raucheranteil bei den Fastenden am höchsten. Rein statistisch ist das Ergebnis der Studie also plausibel, ein kausaler Beweis der Schädlichkeit ist es nicht.“

In ein Loblied aufs Intervallfasten wollen die Mediziner dennoch nicht verfallen. Prof. Dr. Tilman Kühn von der Universität Wien sagt: „Die Ergebnisse sind nicht überraschend. Auch trotz der methodischen Schwächen der Studie gibt es bezüglich der hohen Sterblichkeit von Herz- und Krebspatienten durchaus eine Erklärung, warum auch gezieltes Intervallfasten selbst schädlich sein kann. Jede Form von intensiver Diät oder Fasten kann mit einem Nährstoffmangel einhergehen, für Mikronährstoffe, aber auch Eiweiß.“ Und das wiederum ist für den Körper eine starke Belastungsprobe.