Erfurt. Nicht alle Kommunen in Thüringen haben die Untersuchungen von Schulanfängern rechtzeitig geschafft. Neben der Corona-Pandemie hat das noch einen anderen Grund.

In Thüringen sind Tausende Erstklässler ohne ärztliche Untersuchung in die Schule gekommen. Nach Recherchen von MDR Thüringen haben es nicht alle Kommunen im Freistaat geschafft, die Kinder vor Beginn der ersten Klasse von einem Amtsarzt oder einer Amtsärztin untersuchen zu lassen. Die Gründe dafür seien zum einen die andauernde Corona-Pandemie, zum anderen der anhaltende Personalmangel im öffentlichen Gesundheitsdienst.

Kommunen gehen unterschiedlich mit Ausfällen um

In Suhl etwa ist die Stelle des Amtsarztes seit Anfang des Jahres unbesetzt. 44 von 254 Kindern müssen dort noch untersucht werden. Ein Sprecher der Stadt rechnet damit, dass sich die Untersuchungen bis Ende des Jahres hinziehen werden. Auch im Saale-Holzland-Kreis und im Landkreis Gotha müssen noch hunderte Kinder untersucht werden. Im Eichsfeld wurden mehr als 700 Kinder nicht rechtzeitig vor dem Schuleintritt von einem Amtsarzt oder einer Amtsärztin untersucht. Es sei auch nicht geplant, dies nachzuholen, da Personal wegen der Corona-Pandemie im Gesundheitsamt sowieso fehle. In Erfurt wurden mehr als 1.000 Erstklässler nicht begutachtet, auch hier wird das nicht nachgeholt. Einer Sprecherin zufolge hätten die nach wie vor geltenden Hygienemaßnahmen wie Lüften und das Desinfizieren von Testmaterialien dazu geführt, dass sich die jeweiligen Untersuchungen um 15 Minuten verlängert hätte und so mehr Zeit pro Kind benötigt wurde.

Zahlreiche Landkreise hatten bereits im Winter mit den Untersuchungen der zukünftigen Erstklässler begonnen. So seien in ganz Thüringen alle Kinder mit erhöhtem Förderbedarf, Rücksteller aus dem vergangenem Jahr und solche, die vorzeitig eingeschult werden sollten, rechtzeitig vor dem Beginn des Schuljahres untersucht worden. In Jena etwa wurde aufgrund der Pandemie erstmals eine Telefonhotline für die Terminvergabe eingerichtet. Die Untersuchungen hätten in einem anderen Gebäude stattgefunden, auch habe Fremdpersonal dabei geholfen, so eine Sprecherin der Stadt. Weimar plant die Termine für die kommenden Schuleingangsuntersuchungen online zu vergeben.

Ministerium hält Auswirkungen der ausgefallenen Untersuchungen für vertretbar

Die ärztlichen Tests müssten eigentlich alle Kinder absolvieren, bevor sie die Schule besuchen. Dabei wird geschaut, ob sie für die erste Klasse geeignet sind oder erhöhten Förderbedarf benötigen. Das Thüringer Bildungsministerium hält die Auswirkungen der ausgefallenen Untersuchungen für vertretbar. Die Untersuchung sei nur ein Baustein, so ein Ministeriumssprecher. Es sei stets auch die Aufgabe der Grundschulen, die Kinder individuell zu fördern.

Gesundheitsämter registrieren bereits Auswirkungen der Lockdowns auf Kinder

Wie mehrere Amtsärzte und -ärztinnen MDR Thüringen mitteilten, gebe es noch keine Statistiken zu den unmittelbaren Folgen der Lockdowns für Kinder. Mehrere Studien seien geplant. Einzelne Gesundheitsämter in Thüringen registrierten jedoch, dass bereits übergewichtige Kinder noch mehr an Gewicht zugelegt hätten, dass die Förderziele in den Kindergärten wegen der Schließzeiten nicht erreicht worden seien und fehlende soziale Kontakte die Kinder verändert hätten.