Jena. Die Corona-Ausbreitung stellt Hausärzte vor gewaltige Herausforderungen. In Jena diskutierte die Landesärztekammer über die Situation.

Einen Spagat zwischen Verhinderung von Panik in der Bevölkerung und in den eigenen Reihen, sachdienlichem Handeln sowie dem Unverständnis angesichts langsamer und unkoordinierter Organisation durch die Landespolitik – so beschreibt die Präsidentin der Thüringer Landesärztekammer, Ellen Lundershausen, die Aufgabe der Mediziner derzeit. Vertreter der Thüringer Ärzteschaft haben in Jena bei der Kammerversammlung der Landesärztekammer – oberstes Beschlussgremium der Organisation – zum sachlichen Umgang mit Corona aufgefordert.

Ärzte haben Probleme, Schutzkleidung zu bekommen

Die Chefin der Kassenärztlichen Vereinigung, Annette Rommel, kündigte die Schaffung spezieller Behandlungsstrukturen zum Umgang mit der Infektionskrankheit an. Zuständig für die erste Diagnostik und Behandlung seien die niedergelassenen Ärzte, sagte Rommel auch an die Adresse der Gesundheitsämter, die die Rechtslage teilweise anders beurteilen würden.

Hausärzte, die aus Angst vor eigener Ansteckung Patienten direkt in die Kliniken weiterschicken würden, handelten nicht sachgerecht. In vielen Praxen fehle allerdings Schutzkleidung und entsprechendes Material. „Wer denkt in guten Zeiten schon an Krisenzeiten“, so KV-Präsidentin Rommel. Dass es derzeit in Deutschland nicht möglich sei, dies zu kaufen, bezeichnete sie als skandalös.

Ärzteverband plant mobilen Hausbesuchsdienst

Rommel kündigte Maßnahmen der Kassenärztlichen Vereinigung an. Geplant seien ein mobiler Hausbesuchsdienst sowie Räumlichkeiten, in denen Verdachtsfälle isoliert behandelt werden. Auf diese Weise sollen Infizierte aus dem regulären Praxisbetrieb herausgehalten werden, um diese nicht lahmzulegen. Dies gelte auch für Rettungswagen. KV und Landesärztekammer hätten pensionierte Ärzte angesprochen und um Unterstützung gebeten. Arbeitsfähig sein sollen die neuen Strukturen am 6. März. „Wir dürfen Patienten nicht hin und herschicken, sie sollen nicht viele Menschen anstecken können“, sagte Annette Rommel.

„Die meisten Patienten verhalten sich vernünftig“

Nils Dorow, Allgemeinmediziner im Saale-Orla-Kreis wo es den ersten und bislang einzigen bestätigten Thüringer Corona-Fall gibt, betonte, man arbeite vor Ort gut mit dem Gesundheitsamt zusammen. „Die meisten Patienten verhalten sich vernünftig und rufen vorher in der Praxis an. Einen erhöhten Hausbesuchsbedarf sehe ich nicht“, sagte Dorow. Ingrid Francke vom Gesundheitsamt Nordhausen forderte eine stärkere Einbeziehung der kommunalen Gesundheitsdienste in die Krisenberatungen des Landes. „Der öffentliche Gesundheitsdienst weiß besser, was vor Ort passiert, als die Landesbehörden, die vielfach nur auf Informationen des Robert-Koch-Instituts oder des Bundesamtes für gesundheitliche Aufklärung verweisen“, sagte Francke.

Francke kritisierte die 14-tägige Isolierung von Verdachtsfällen, die länger sei als üblich. „Dadurch geraten wir personell überall an unsere Grenzen“, so die Nordhäuserin. Ulf Zitterbart, Allgemeinmediziner in Kranichfeld und Chef des Thüringer Hausarztverbandes, versicherte, die 1400 Hausärzte seien in der Mehrheit gut auf Infektionsfälle vorbereitet.