Friedrichroda. Wahl 2019 Stephan Scheidemann bringt sich seit 30 Jahren in der Kommunalpolitik ein. Seit der Wende Sitz im Stadtrat Friedrichroda

Gabriele Reichstein und Stephan Scheidemann sind die parlamentarischen Urgesteine im Landkreis Gotha. Seit der Wende haben sie ununterbrochen in Kommunalparlamenten einen Sitz und eine Stimme, Gabriele Reichstein (SPD) im Kreistag Gotha und Stephan Scheidemann (Vereinigte Bürgerinitiative) im Stadtrat Friedrichroda. Auch zur Kommunalwahl am Sonntag bewerben sie sich wieder um ein Mandat.

Die Beweggründe für sein politisches Engagement, das vor 30 Jahren mit der Arbeit am Runden Tisch in seiner Heimatstadt Friedrichroda begann, schildert Steinrestaurator Scheidemann (63) im Gespräch.

Herr Scheidemann, warum bringen Sie sich seit drei Jahrzehnten in Friedrichroda in der Kommunalpolitik ein?

Das Interesse an der Entwicklung von Friedrichroda und die Umsetzung der Demokratie auf kommunaler Ebene treiben mich an. Das war auch der Beweggrund, warum ich mich 1989 am Runden Tisch eingebracht habe.

Was hatte Sie damals dazu veranlasst?

Ich kam von der Kirche aus christlichem Umfeld. Mir ging es darum, dass wir uns das, was wir uns zu DDR-Zeiten an Mitbestimmung gedacht und gewünscht haben, auch umsetzen. Die gesamte Frage der Ökologie lag meiner Frau Rosemarie und mir am Herzen. Wie hoch die Umweltbelastung war, wusste ich von meiner Arbeit als Restaurator. Ein wichtiger Aspekt war auch die Erhaltung des historischen baulichen Bestandes in Friedrichroda. Die Kultivierung des Kurortes Friedrichroda war uns wichtig und ist es heute noch.

Warum sind Sie in keine Partei eingetreten?

Ich wollte mich nicht parteilich binden. Man muss sich dort einer gewissen Verpflichtung unterordnen, auch wenn der Parteienzwang auf kommunaler Ebene nicht so ausgeprägt sein mag.

Der Bestand von Bürgerinitiativen ist oft von kurzer Dauer. Worauf führen Sie es zurück, dass es die Vereinigte Bürgerinitiative nun schon 30 Jahre gibt?

Das hängt mit der Struktur der Gruppierung zusammen. Wir haben einen christlich-ethischen Anspruch, auch wenn nicht alle konfessionell gebunden sind.

Welche Ziele standen in Anfangsjahren auf der Agenda?

Die städtebauliche Entwicklung. Sie konnte zu großen Teilen umgesetzt werden. Mit der Verwaltung konnte das städtische Sanierungsgebiet gebildet werden, damit Friedrichroda sein gewachsenes Gesicht behält und weiterentwickelt. Das schlägt sich auf die Lebensqualität des Bürgers wie des Urlaubers nieder. Eine städtebauliche Platzkultur ist entstanden. Uns sind ein Potenzial, eine Adaption der Großstadt-Architektur und ein wunderbares Klima geschenkt. Gut für die Stadt ist auch, dass es einen Nahkauf in der Innenstadt gibt, um den sich einige Geschäfte angesiedelt haben.

Was gelang nicht?

Ein großer Teil der Straßen muss noch saniert werden. Aus finanziellen Gründen stand vieles hinten an. So war es auch mit dem Bahnhof Reinhardsbrunn. Der gehörte uns erst nicht. Wir hätten den früher sanieren können, dann wäre aber die innerstädtische Entwicklung ins Stocken geraten. Mich ärgert, dass uns Schloss und Park Reinhardsbrunn aus den Händen geglitten sind. Aber das lag nicht in den Händen der Kommune.

Was müsste noch geschehen?

Die Entwicklung des zweiten Abschnitts des Kurparks steht an. Auch bei der Wegeführung in und um Friedrichroda als Heilklimatischer Kurort gibt es noch vieles zu tun.

Wie gestaltet sich das Miteinander im Stadtrat Friedrichroda, wo jeder jeden kennt?

Das ist konstruktiv. Das gilt auch für die Stadtverwaltung. Verfolgt sie eigene Ziele, werden wir hellhörig.

Woran denken Sie?

Zum Beispiel an das gescheiterte Zusammengehen mit dem Leinatal. Die Verwaltungen beider Kommunen hatten da andere Interessen verfolgt. Wir als Stadträte sind viel offener auf das Leinatal zugegangen. Mich ärgert, dass zur jetzt bestehenden Stadt Friedrichroda keine andere Gemeinde hinzugekommen ist. Das Leinatal und Friedrichroda gemeinsam wäre für die Zukunft wünschenswert.

Was treibt Sie an, sich weiter in der Kommunalpolitik zu engagieren?

So lange ich noch kann, möchte ich den Weg der Demokratie mitformen. Es hat sich politisch in der Bundesrepublik einiges geändert. Das sehe ich mit großen Bedenken. Ich trete für eine offene Demokratie und das Zusammenwachsen in Europa ein.

Wo liegen für Sie in den nächsten Jahren weitere Schwerpunkte bei der Entwicklung Friedrichrodas?

Auf den beiden Ortsteilen Ernstroda und Finsterbergen. Friedrichroda verzichtet dieses Jahr auf einige Maßnahmen. Das ist ein Zeichen der Gleichberechtigung. In Friedrichroda ist der Ausbau der Alexandrinenstraße als Boulevard des 19.Jahrhunderts ganz wichtig. Im Kur- und Tourismusbereich sollten wir uns noch breiter aufstellen. Wichtig ist ein stärkeres privates Engagement.

Bei wem sind Sie in den 30 Jahren im Stadtrat angeeckt?

Bei einigen Bürgern, mitunter auch bei der Verwaltung. Das bleibt nicht aus.

Wie geht es sich dann durch eine Kleinstadt wie Friedrichroda?

Es gab keine nachhaltigen Probleme. Einige haben sich auch entschuldigt. Manches muss man schlucken. Als Stadtratsmitglied steht man in einer öffentlichen Verantwortung. Man muss damit rechnen, dass es Meinungsverschiedenheiten gibt. Im Laufe der Jahre hat sich bei mir eine gewisse Souveränität im Umgang damit eingestellt.