Angeblich liegt ja die Kraft in der Ruhe, im besonnenen Handeln inklusive erholsamer Pausen. Ob das was dran ist? Selbst diejenigen, die nichts mit Meditation oder Yoga am Hut haben, kennen Begriffe wie Qigong, Tai Chi oder Ying und Yang. Im japanischen Garten der Ega in Erfurt geht der Alltagsstress in Farben unter.

Während der Europäer in seinen Pausen meist in die Bemme beißt, übt sich der fernöstliche Kollege in kollektiver Entspannung. Und sorgt mit der daraus folgenden Effektiviät seit Jahrzehnten für Staunen: Erst übernehmen die Japaner die Weltherrschaft der Unterhaltungselektronik, dann setzen koreanische Autos den deutschen Platzhirschen zu und nun liefern die Chinesen gefühlt alles, was einen Stecker hat. Oder zumindest eine Batterie. Zufall?

Blütenpracht im Japanischen Garten auf der ega in Erfurt. Foto: Ingo Glase
Blütenpracht im Japanischen Garten auf der ega in Erfurt. Foto: Ingo Glase © zgt

Ein kleiner Teil des Erfolgsrezepts lässt sich in den fernöstlichen Gärten erahnen, die es in Thüringen gibt, etwa im chinesischen Garten in Weißensee oder in den japanischen Anlagen in Bad Langensalza, Leinefelde und im Erfurter Ega-Park, wo am 6. Mai das japanische Gartenfest gefeiert wird. Steine, Wasser, seltene Pflanzen und speziell geschnittene Bäume vermitteln am Nordhang der ega genau das Gefühl, was viele im Alltag vermissen – Ruhe und Harmonie. Erreicht wird das durch ein ausgefeiltes Konzept, das mit wenig Aufwand eine große Wirkung erzielt. Dazu gehört zum Beispiel, dass im ausschließlich grün bepflanzten Teegarten – japanisch Roji – die Wegsteine (Tobi-Ishi) ganz eng beieinander liegen, um den Gast mit kleinen Schritten förmlich zur Ruhe zu zwingen. Bei der eigentlichen Zeremonie (Chado) wartet der Gast auf einer überdachten Bank auf das Zeichen des Teemeisters, der ihn ins Teehaus bittet, sobald alles vorbereitet ist. Im Vergleich dazu erscheint die englische Tea-Time als Schnellimbiss.

Sitzsteine für eine besinnliche Pause

Wichtige Elemente in einem japanischen Garten sind Steine, erklärt Uwe Schachschal, langjähriger Gärtnermeister auf der Ega. „Besondere Steine und Felsen werden als Sitze der Götter bezeichnet und in den japanischen Gärten nachempfunden. So steht denn auch am oberen Eingang des zweigeteilten Geländes der Weltenberg Shumisen, er gilt im hinduistisch-buddhistischen Kosmos als Weltenberg, als Zentrum des Universums, als Sitz der Götter, welcher von vier Kontinenten umgeben ist.“ Symbolik, so Schachschal, spiele in der japanischen Gartenkultur eine große Rolle – so symbolisieren etwa grobe Kieselsteine die vier Flüsse, die vom Stein der Götter wegfließen und sich ihren Weg durch das Gelände suchen, bis hin zum unteren Fels- und Wassergarten. Wer am unteren Eingang startet, wird am oberen Ende verstehen, warum der Gartengestalter den Pfad „den mühevollen Weg des Zen“ genannt hat. . . Glücklicherweise laden riesige Sitzesteine dazu ein, eine besinnliche Pause einzulegen.

Speziell geschnittene Kiefern sollen den Göttern als Leitern dienen, sollten sie eines Tages auf die Erde herabsteigen. Foto: Ingo Glase
Speziell geschnittene Kiefern sollen den Göttern als Leitern dienen, sollten sie eines Tages auf die Erde herabsteigen. Foto: Ingo Glase © zgt

Nicht die Pflanze an sich steht im japanischen Garten im Mittelpunkt, sondern das ausgeklügelte Zusammenspiel aller Komponenten – bei dem Kiefern und Kirschen, Magnolien, Sicheltannen, Lavendelheide, Gingko, Bambus, Golderdbeeren, Azaleen und Rhododendren natürlich eine große Rolle spielen, so Schachschal. Aber immer mit der gebotenen Symbolik: „Die Kirsche steht für Weiblichkeit, aber auch für Vergänglichkeit – schnell verliert sie bei einem starken Frühlingsregen ihre wunderschönen Blüten. Das Gegenstück dazu ist die Kiefer, das Symbol für Männlichkeit und Beständigkeit. Und weil die japanischen Gärtner um das Gleichgewicht bemüht sind, wurden bereits in den alten Kaisergärten Kirschen und Kiefern in abwechselnder Reihenfolge gepflanzt.“

Kiefernleitern für die Götter

Ein wichtiger Teil der Anlage ist der Trockenlandschaftsgarten Kare San Sui: Im Mittelpunkt steht die Konzentration auf das Wesentliche: die Gestaltung, der speziell geharkte Kies (der etwa Wellen um einen boot-förmigen Stein symbolisiert), die wenigen Pflanzen, die so in Form geschnitten werden, dass sie Landschaften oder Tiere aus der japanischen Mythologie und Religion symbolisieren, etwa Schildkröte oder Kranich, beide stehen für das „Glück der Langlebigkeit“.

Trockenlandschaftsgärten werden von einem besonderen Punkt von oben betrachtet und nicht betreten. Besonders geschnittene Kiefern dienen den Göttern praktischerweise als Leitern, sollten sie eines Tages auf die Erde hinabsteigen.

Um sich im Kare San Sui, Roji oder am Shumisen auszuruhen. Denn auch Götter brauchen mal eine Pause. Denn in der Ruhe liegt die Kraft.

Japanisches Gartenfest:

Am 6. Mai wird im Erfurter Ega-Park das Japanische Gartenfest gefeiert.

  • Auf der Parkbühne präsentieren sich ab 11 Uhr in etwa halbstündigen Abständen Trommler und Samurais, wird die Blumenkunst Ikebana ebenso vorgeführt wie japanische Kampfkunst und Musik.
  • Im Garten gibt es Infos über Land und Leute, Origami, Bonsai, Ikebana und die Geisha-Schminkkunst.
  • Im Teepavillon wird 13.30 und 15.30 Uhr die Tee-Zeremonie angeboten.
  • Im Pavillon am Waldesrand können ab 11 Uhr Sprach- und Bonsai-Kurse besucht werden.