In Italien könnte es durch EU-Pläne bald Warnhinweise auf Alkoholprodukten wie Wein geben. Viele Italiener gehen auf die Barrikaden.

Warnhinweise auf Alkoholprodukten, etwa nach dem Vorbild der Warnetiketten auf Zigarettenpackungen, sind das neue Schreckgespenst Italiens. Das Weinland startet einen Feldzug gegen Pläne der EU, auf Weinflaschen eine Warnung vor Gesundheitsrisiken vorzuschreiben. Der italienische Landwirtschaftsminister Francesco Lollobrigida will in Brüssel gegen die Entscheidung des irischen Parlaments protestieren, in Irland verpflichtende Warnhinweise nach dem Vorbild von Zigarettenschachteln auch auf Alkoholprodukten zu erlauben.

Nachdem der irische Gesundheitsminister Stephen Donnelly die tabakähnlichen Weinetiketten, die vor den Leber- und Krebsrisiken von Wein, Bier und Spirituosen warnen, genehmigt hat, betonte der italienische Landwirtschaftsminister, dass es zu einer Verzerrung des Markts kommen könnte, was aus seiner Sicht gegen EU-Recht verstoße. "Die italienische Regierung will gegen Irlands Beschluss vorgehen," kündigte Lollobrigida an. Italiens ablehnende Haltung gegen die Schock-Etiketten hat bereits die Unterstützung großer Weinbauländer wie Frankreich und Spanien erhalten.

Das neue irische Gesetz, das erste seiner Art in Europa, sieht vor, dass auf den Etiketten von alkoholischen Produkten Kaloriengehalt und Prozentsatz des Alkohols angegeben werden und dass sie Warnungen über das Risiko des Alkoholkonsums während der Schwangerschaft und über das Risiko von Lebererkrankungen und tödlichen Tumoren aufgrund des Alkoholkonsums enthalten. "Wein schadet nur denen, die ihn nicht trinken. Der Vorschlag kann nur von einem Land kommen, das gar keinen Wein produziert", kritisiert Luca Zaia, Präsident der Region Venetien, aus der der Exportschlager Prosecco stammt.

Warnhinweis auf Weinflaschen: Italienische Weinbauern kritisieren Vorschlag als diskriminierend

Edelwinzer Lamberto Frescobaldi, Erbe einer Dynastie von Adeligen, die seit Generationen in der Toskana den renommierten Chianti-Wein produziert, fürchtet, dass durch Warnetiketten das Image des Weins Schaden nehmen könnte. Wein gebe es seit Jahrtausenden, moderat genossen gebe es keine Schädigungen.

Die Ansicht teilt auch der Bauernverband Coldiretti. "Es ist völlig unangebracht, den übermäßigen Konsum von Spirituosen, wie er in den nordischen Ländern üblich ist, mit dem mäßigen und bewussten Konsum von Qualitätsprodukten mit geringerem Alkoholgehalt, wie Bier und Wein, gleichzusetzen", meint Coldiretti-Präsident, Ettore Prandini. "Die Verpflichtung der EU, die Gesundheit der Bürger zu schützen, kann nicht mit Entscheidungen umgesetzt werden, die die Gefahr bergen, dass einzelne Produkte unabhängig von den konsumierten Mengen auf ungerechte Weise kriminalisiert werden", so Prandini.

Reife Trauben: Im Herbst ist Zeit für die Weinlese in Südtirol.
Reife Trauben: Im Herbst ist Zeit für die Weinlese in Südtirol. © Bernhard Krieger/dpa-tmn

Als "einseitige, diskriminierende und unverhältnismäßige Regelung", bezeichnet Micaela Pallini, Präsidentin des Verbands der italienischen Weinproduzenten Federvini, die irische Verordnung. Es sei gefährlich, nicht zwischen Missbrauch und normalem Konsum zu unterscheiden. "Produkte unserer mediterranen Landwirtschaft werden kriminalisiert, ohne dass damit messbare und wirksame Vorteile im Kampf gegen unverantwortlichen Konsum erreicht werden können", so Pallini weiter. Sie beklagte ein "Kreuzfeld" gegen den italienischen Wein in Europa.

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Weinexport aus Italien erreicht Rekordumsatz

Um sich Verhör zu verschaffen drohen die Weinproduzent mit einem Gang zum Europäischen Gerichtshof. "Gefahren für die Gesundheit bestehen nur bei übertriebenem Konsum. Daher ist es unserer Ansicht nach ungerechtfertigt, dass die EU-Kommission das irische Gesetz zulässt", meint der Bauernverband.

Die neuen Etiketten drohen den italienischen Weinexport zu gefährden, der 2022 ein Rekordhoch von fast acht Milliarden Euro erreicht hat. 1,3 Millionen Italiener arbeiten im Weinsektor, der eine der am stärksten exportierten Produkte der italienischen Landwirtschaft ist. Der Weinkonsum der Italiener beträgt 33 Liter pro Jahr.

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