Erfurt. Das Frühlingswetter im Dezember wird voraussichtlich einen historischen Rekord in Thüringen seit Beginn der Temperaturreihenerfassung 1881 ergeben.

Seit 2011 liegt der Dezember-Mittelwert jedes Jahr über null Grad, inzwischen acht Mal in Folge. 2019 wird mit fast hundertprozentiger Sicherheit der neunte warme Dezember sein. Die Messstationen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Erfurt und Gera verzeichnen für den aktuellen Monat einen Mittelwert von jeweils 3,6 Grad Celsius, so DWD-Klimaberater Matthias Gnielka. Vergleichbares gab es nur einmal in Thüringen: von 1909 bis 1916. Die Durchschnittstemperatur in jenen acht warmen Dezembern betrug 1,56 Grad Celsius. Zwischen 2011 und 2018 lag sie mit 2,81 Grad fast doppel so hoch. Der wärmste Dezember war 2015 (6 Grad im Durchschnitt), der kälteste 1890 (minus 6,2)

Für die Landwirtschaft ist das nicht gut. „Ist der Winter warm, wird der Bauer arm“, zitiert André Rathgeber eine alte Bauernregel. Er ist beim Thüringer Bauernverband zuständig für Pflanzenbau und Umwelt. Es sei erneut mit einer Mäuseplage zu rechnen, wahrscheinlich wieder mit Millionenverlusten wie 2012 und 2015.

„2019 haben wir eine hohe Mäusepopulation auf den Feldern beobachtet“, sagt Rathgeber. „Wir brauchen am besten vier Wochen Dauerfrost, damit die Feldmäuse dezimiert werden.“ Doch wahrscheinlich hilft gegen die Plage wieder nur Gift, vier Körner in jedes Mauseloch. „Dann wird es zugetreten, damit keine anderen Tiere die vergifteten Mäuse fressen. Das ist sehr arbeits- und personalintensiv.“

Fehlender Dauerbodenfrost lässt auch Rapsglanzkäfer und Kohlschotenrüssler gedeihen. Die Käfer fressen Blüten an, so dass die Pflanze keine Frucht ausbildet. Auch die Vegetation leidet. „Die Kulturen brauchen Winterruhe“, sagt Agrar-Ingenieur Rathgeber. „Bei 12 oder 15 Grad gehen die Pflanzen von Frühling aus, ziehen Wasser und Nährstoffe und wollen Samen austreiben. Wenn die Pflanzen zu groß sind, werden sie leicht vom späten Schnee erdrückt.“