Heftige Gewitter sorgten in Thüringen für Dauereinsätze der Rettungskräfte. Bei Unfällen auf der A4 und A38 kamen zwei Personen ums Leben. In Mühlhausen mussten Mutter und Tochter befreit werden, im Eichsfeld wurde ein Feuerwehrmann verletzt.

Greiz/Leipzig. Gewitter über Thüringen haben am Samstag zu zahlreichen Einsätzen geführt. Am stärksten traf es nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes bis zum Nachmittag die Region Greiz, wo innerhalb einer Stunde schätzungsweise etwa 25 Liter Regen pro Quadratmeter niedergingen. Vereinzelt habe es auch kleinkörnigen Hagel gegeben. Auch am Sonntag soll es bei Temperaturen von bis zu 25 Grad den ganzen Tag über zu Schauern und Gewittern mit Starkregen und Hagel kommen. Erst ab Montag gilt vorerst keine Unwetterwarnung mehr.

Der meiste Regen fiel in der Greizer Region.

Ein Überblick:

Rettungsaktion in Mühlhausen

Extreme Regenmengen und Gewitter innerhalb weniger Stunden haben in der Nacht zum Sonntag in Mühlhausen und seinen Ortsteilen für überflutete Straßen, vollgelaufene Keller und weitere erhebliche Schäden gesorgt. Derzeit kommt es aufgrund von Hochwasser und Schlamm-Massen zu zahlreichen Verkehrsbehinderungen. So sind die Bundesstraße 247 zwischen Höngeda und Mühlhausen und die Zufahrtsstraße von Felchta nach Mühlhausen gesperrt. Auch die Polizei musste zu bisher (Stand: 10.50 Uhr) 23 Einsätzen ausrücken.

Besonders dramatisch war ein Einsatz in einer Bahnunterführung in Mühlhausen, die unter Wasser stand. Ein Autofahrer habe die Situation falsch eingeschätzt und das Fahrzeug blieb im Hochwasser stehen. Ein Familienvater konnte sich befreien und organisierte Hilfe. Polizisten konnten Mutter und Tochter aus dem Auto, das dabei war mit Wasser vollzulaufen, befreien.

Tödlicher Unfälle auf A4 und A38

Ein 34-jähriger Autofahrer aus Ostthüringen kam Sonntagabend gegen 18.30 Uhr auf der A4 zwischen Gotha und Gotha-Boxberg in Richtung Frankfurt/M. ums Leben. In Waltershausen (Landkreis Gotha) gab es so viel Niederschlag, dass die Gullydeckel überliefen und sich eine Straße aufhob. Zudem brach der Asphalt einer Straße auf. Zudem fielen viele Bäume den Windböen zum Opfer und knickten um. Die Feuerwehr hatte dort am Abend alle Hände voll zu tun.

Zu einem weiteren tödlichen Unfall kam es auf der Autobahn 38 nahe Burgwalde (Kreis Eichsfeld). Hier verunglückte ein Kleintransporter auf regennasser Fahrbahn. Ein 45 Jahre alter Mann starb noch an der Unfallstelle. Drei weitere Menschen wurden schwer verletzt,

Schwerer Unfall auf A9

Auf der A9 bei Dittersdorf (Saale-Orla-Kreis) fiel am frühen Sonntagmorgen sehr viel Regen, als es zu einem schweren Verkehrsunfall kam. Laut ersten Angaben vom Unfallort kam ein 60-Jähriger mit seinem Auto von der Fahrbahn ab. Das Fahrzeug habe sich mehrfach überschlagen. Der Autofahrer wurde mit schweren Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht. Laut Ronny Schubert von der Feuerwehr Schleiz sei zur Stunde noch nicht bekannt, ob der starke Regen tatsächlich Ursache für den Unfall war.

Im Kyffhäuserkreis mussten die Feuerwehren zu mehreren Einsätzen ausrücken, weil Wasser in mehrere Keller eingedrungen war, vom Feld in einen Garten lief oder ein Baum auf ein Haus stürzte. Eine Straße musste kurzzeitig gesperrt werden.

Wie die Landeseinsatzzentrale auf Nachfrage mitteilt, ist in Themar eine Straße überspult worden. Im Weimarer Land musste die L1060 zwischen Söllnitz und Loßnitz wegen einer Fahrbahnunterspülung bis auf Weiteres gesperrt werden.

Auch in Eisenach kam es zu sintflutartigen Regenfällen. Die Feuerwehr war im Dauereinsatz. Mehrere Straßen wurden überflutet und Kanaldeckel wurden durch das Wasser herausgedrückt. Wie die Polizei berichtet, stand das Wasser in der Straße "Hinter der Mauer" und ein Kanaldeckel wurde herausgedrückt, was für Autofahrer nicht zu sehen war. Der Fahrer eines BMW und der Fahrer eines VW Caddy fuhren gegen 21.30 Uhr in die entstandenen Löcher und es kam zu erheblichen Beschädigungen an ihren Fahrzeugen. Beide Fahrzeuge waren nicht mehr fahrbereit und mussten abgeschleppt werden. Durch die Einsatzkräfte wurden die Kanaldeckel wieder in die Öffnungen gelegt.

Binnen etwa drei Stunden gab es knapp 100 Einsätze für die Wehren im Wartburgkreis. Seebach, Wutha-Farnroda und den Bereich der Gemeinde Hörselberg-Hainich erwischte es schlimm. Wutha-Farnrodas 1. Beigeordneter Jörg Schlothauer berichtete, dass die vier Gemeindewehren mit rund 60 Einsatzkräften allesamt über Stunden im Einsatz waren, um umgestürzte Bäume von den Straßen zu holen, gegen überflutete Keller und weggespülte Gehwege zu kämpfen. Und auch in Hörselberg-Hainich waren alle zehn Ortsteilwehren mit Mann und Maus im mehrstündigen Einsatz.

In Jena ist in der Freiligrathstraße ein Baum auf die Fahrbahn gestürzt. Die Feuerwehr war im Einsatz. In ein altes Gutsherrenhaus in Seidewitz, einem Ort drei Kilometer entfernt von Schkölen, war ein Blitz eingeschlagen. Obwohl die Wehren schnell vor Ort waren, konnten sie nicht verhindern, dass der Dachstuhl komplett abbrannte.

In Pößneck war Regenwasser in eine Schule gelangt - welche Schule betroffen ist, war noch nicht bekannt. zudem gab es eine Schlammlawine in dem Dorf Trannroda.

Unwetter trifft Eichsfeld hart: Feuerwehrmann verletzt

Mit voller Wucht hat die Unwetterfront am Samstagabend das Eichsfeld getroffen. Zwischen 19.29 Uhr und Mitternacht liefen bei der Leitstelle 86 Notrufe auf. Über 70 Einsätze gab es bis Sonntagmittag. Die Leitstelle musste sogar das Personal aufstocken, um alle Notrufe abzuarbeiten. Zwischen Hausen und Breitenholz hat Samstagabend eine Stromleitung einen Baum in Brand gesetzt, ein Kamerad wurde durch einen Stromschlag verletzt.

Von dramatischen Ereignissen wegen der Unwetterfront, die seit Samstagnachmittag über Thüringen hinwegzog, blieb der Ilm-Kreis bis Sonntagmorgen verschont. Trotzdem hatten die Rettungsleitstelle und einige Feuerwehren keine ruhige Nacht, in vielen Orten musste man durch die teils doch recht heftigen Regenfälle vollgelaufene Keller leer pumpen, unter anderem in Eischleben und Ettischleben, in Niederwillingen und Ichtershausen. Auch am Riechheimer Berg heulten gegen 23 Uhr die Sirenen, hier rückten die Feuerwehrleute zu einem unter Wasser stehenden Keller in Bösleben aus.

In Gera war die Feuerwehr in Ernsee und im Stadtzentrum im Einsatz. Nach Starkregen kippte ein kleiner Baum in der Ludwig-Jahn-Straße um. In Höhe der Hausnummer 9 fiel er auf einen dort geparkten Skoda Octavia. Ebenfalls, offenbar durch den starken Regen ausgelöst, war in der Ernseer Straße in Gera-Ernsee ein etwa 60 Zentimeter dicker Ast von einer Buche herunter gebrochen. Verletzt wurde niemand.

Auch Straußfurt im Landkreis Sömmerda wurde vom starken Regen in der Nacht zum Sonntag heftig gebeutelt. Die Feuerwehr musste fünfmal ausrücken. So gab es unter anderen einen vollgelaufenen Keller und eine überflutete Straße in der Thälmann-Straße. Auch in der Straße des Friedens und im Damaschkeweg waren die Feuerwehrkräfte im Einsatz.

Apolda ist beim Unwetterzunächst glimpflich davon gekommen. Auf Anfrage sagt ein Sprecher der Rettungsleitstelle, das es zwar eine gewisse Zahl an Einsätzen gegeben habe, doch hätten die auch etwa dem normalen Einsatzgeschehen entsprochen. In Wickerstedt sorgte dann ein Feldabgang für eine fünf bis zehn Zentimeter hohe mit Geröll überflutete Straße. Feuerwehr, ortsansässige Firmen mit schwerem Gerät und Bürger waren stundenlang im Einsatz. In Apolda war ein Baum umgestürzt. In Oberndorf habe Starkregen eine Straße überflutet beziehungsweise unterspült. In Wickerstedt brannte in der Nähe des Radwegs ein Baum, womöglich nach einem Blitzeinschlag.

Mehrere Veranstaltungen ausgefallen

Dem Unwetter fielen am Wochenende auch mehrere Veranstaltungen zum Opfer. So wurde die Kundgebung „#SoGehtSolidarisch“ zum bundesweiten Aktionstag in Erfurt abgesagt. Dazu waren in Erfurt mehrere Hundert Teilnehmer erwartet worden, die für eine solidarische und klimagerechte Gesellschaft eintreten und gegen Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung protestieren wollten. Die Kundgebung wurde auf kommendes Wochenende verschoben.

Auch das Theater Rudolstadt musste Abstriche bei seinem Sommertheater machen. So wurde am Samstagabend ein Konzert der Thüringer Symphoniker in Saalfeld und eine Theateraufführung auf der Heidecksburg in Rudolstadt abgesagt. Das Theater darf derzeit wegen der Corona-Pandemie nur unter freiem Himmel spielen.

Aquaplaning-Gefahr auf Autobahnen

Laut MDR Thüringen pumpte die Feuerwehr in mehreren Orten Keller leer. Auf allen Thüringen Autobahnen bestand Aquaplaning-Gefahr. Vor allem für Ostthüringen war vor schwerem Gewitter der Stufe 3 gewarnt worden. Am Samstagnachmittag wurde die Warnung dann aufgehoben, es galten nur noch Unwetterwarnungen der Stufe 2.

Gewitter und kräftiger Regen ziehen über Teile Deutschlands

Besonders stark traf es am Nachmittag den Nordosten. Etwa in Wismar und Umgebung hatten die Feuerwehrleute am Nachmittag rund 65 Einsätze, wie ein Sprecher der Regionalleitstelle sagte. Menschen kamen dabei nach ersten Erkenntnissen nicht zu Schaden.

Auch in Lübeck gab es bis zum Nachmittag Dutzende Einsätze. Mehrere Keller seien vollgelaufen, hieß es von der Regionalleitstelle. Nähere Angaben zu den angerichteten Schäden konnte der Sprecher zunächst nicht machen.

Probleme bereiteten die Regenmassen Autofahrern. Auf der Autobahn 20 im Bereich Wismar gab es am Nachmittag drei wetterbedingte Unfälle, wie ein Polizeisprecher sagte. Dort verloren Autofahrer die Kontrolle und prallten mit ihren Autos gegen die Leitplanken. In allen drei Fällen blieb es bei Blechschäden.

Wasser 20 Zentimeter auf der Fahrbahn

Die „Ostsee-Zeitung“ berichtete auf ihrer Internetseite, dass Gewitter an der Landesgrenze zu Schleswig-Holstein zwischen Groß Sarau und Schönberg sowie zwischen dem Kreuz Wismar und der Raststätte Fuchsberg den Verkehr auf der Autobahn 20 zeitweilig zum Erliegen gebracht hätten. Stellenweise habe das Wasser 20 Zentimeter hoch auf der Fahrbahn gestanden.

Der DWD hatte für das Wochenende vor heftigen Gewittern, Hagel und Sturmböen gewarnt. Die höchste Unwettergefahr bestand demnach in einem breiten Streifen von Niedersachsen und Schleswig-Holstein nach Osten und Südosten über Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen, Nordhessen bis nach Nord- und Ostbayern.

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