Der Kanzler und seine Regierung stehen unter Druck. Die Zustimmung sinkt. Olaf Scholz versucht im Sommerinterview die Wogen zu glätten.

Bundeskanzler Olaf Scholz trat als "Klimakanzler" und mit dem Schlagwort "Respekt" im Wahlkampf auf – mehr soziale Gerechtigkeit war sein großes Antrittsversprechen. Doch seit die Ampel regiert, musste sie durch diverse Krisen steuern – vom Krieg in der Ukraine, über die Energiekrise bis hin zum Streit in der Ampel über zahlreiche Gesetze. Zugleich hat der Kanzler in der Sicherheitspolitik nicht weniger als eine "Zeitenwende" angekündigt.

Die Zustimmungswerte der Ampelregierung aus SPD, Grünen und FDP sanken zuletzt deutlich. Nur noch 20 Prozent der Bürgerinnen und Bürger äußern sich positiv über die Arbeit der Koalition. Welche Antworten hat er auf die wachsende Unsicherheit und Unzufriedenheit der Menschen in Deutschland? Und wie will er frustrierte Wählerinnen und Wähler zurückgewinnen? Welche Strategien verfolgt Olaf Scholz, um den multiplen Krisen dauerhaft zu begegnen? Diese Fragen stellte die ARD-Journalistin Tina Hassel Scholz am Sonntagnachmittag im jährlichen ARD-Sommerinterview.

Olaf Scholz: So heizt der Kanzler zuhause

Scholz war während des halbstündigen Gesprächs bemüht, die Wogen in der Ampel zu glätten. Zwar räumte der Kanzler ein, dass er sich manche Diskussion über das sogenannte Heizungsgesetz "leiser" gewünscht hätte, dennoch herrsche sehr viel Vertrauen unter den Koalitionspartnern.

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Davon war öffentlich zuletzt jedoch wenig zu sehen. Vielmehr zog sich der Streit zwischen Grünen und FDP über die Reform des Gebäudeenergiegesetzes in die Länge. Bis kurz vor der Sommerpause doch noch ein finaler Entwurf zustande kam. Dieser sei jedoch so aufgeweicht, dass er sich kaum mit den Klimazielen vereinbaren lasse, meinen einige Kritiker.

Scholz warnt – Krieg in der Ukraine kann noch lange dauern

Davon will der Kanzler nichts wissen. Mehrfach betonte Scholz: "Wir werden die Klimaziele erreichen". Man wolle das jedoch auf eine Art und Weise machen, bei der die Bürger im Land mitgehen. Immerhin: Der Kanzler selbst heizt bereits mit Fernwärme.

Auch innerhalb der Ampel versteht sich Scholz weiterhin als Vermittler – und das, obwohl in Umfragen 84 Prozent der Wähler angeben, dass sie sich vom Kanzler mehr Führung wünschen. Am Umfragetief der Koalition und am Höhenflug der AfD sei auch nicht die Ampel allein schuld, erklärte Scholz. Vielmehr sei das Aufkommen von rechtspopulistischen Parteien in vielen Ländern Europas zu beobachten und Ausdruck der Krisen, in denen man sich befinde.

Eine davon: der Krieg in der Ukraine. Zwar habe der versuchte Putsch der Wagner-Söldner rund um Jewgeni Prigoschin gezeigt: "Das Machtgefüge um Putin ist in Frage gestellt". Dennoch mahnte der Kanzler: "Wir müssen uns darauf einstellen, dass der Krieg sehr lange dauert".

Bundeskanzler besorgt über Unruhen in Frankreich

Mit Blick auf die Proteste in Frankreich gab Scholz Entwarnung. Er sehe in Deutschland nicht die Gefahr von Ausschreitungen wie es sie derzeit in Frankreich gibt. "Dafür gibt es keine Anzeichen", sagte der SPD-Politiker. „Es ist uns ja angekündigt worden von den Schlechte-Laune-Parteien, dass es einen Wutwinter und Wutherbst geben würde. Den gab es aber nicht“, sagte Scholz. Es sei sehr viel getan worden, um die hohen Energiepreise abzufedern und die Energieversorgungssicherheit zu gewährleisten.

Scholz äußerte Verständnis für die Absage des für Sonntag bis Dienstag geplanten Staatsbesuchs von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in Deutschland. „Das hätte ich genauso gemacht. Und deshalb wünschen wir ihm eine gute Hand bei der Bewältigung der ja nicht kleinen Herausforderung.“

Weitere Sendetermine der ARD-Sommerinterviews im "Bericht aus Berlin" sonntags um 18.00 Uhr im Ersten:

  • 16. Juli 2023: Janine Wissler (Die Linke)
  • 30. Juli 2023: Ricarda Lang (Bündnis 90/Die Grünen)
  • 6. August 2023: Markus Söder (CSU)
  • 13. August 2023: Saskia Esken (SPD)
  • 27. August 2023: Friedrich Merz (CDU)
  • 3. September 2023: Christian Lindner (FDP)
  • 10. September 2023: Alice Weidel (AfD)

(lro/ots/dpa)