Berlin. Berater des Wirtschaftsministers fordern Korrekturen am geplanten Gesetzespaket. Die Rente mit 63 halten sie für einen teuren Irrweg.

In Kürze will die Bundesregierung ihre Pläne für die Zukunft der Rente präsentieren. Die Details sind noch nicht bekannt, nur die Richtung – doch schon jetzt üben führende Ökonomen heftige Kritik.

In einem Brief an Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) geht der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium, der Mannheimer Professor Eckhard Janeba, auf Distanz zum Vorhaben der Koalition, das Rentenniveau dauerhaft bei mindestens 48 Prozent zu sichern und einen öffentlich verwalteten Fonds aufzubauen, um die Rente langfristig bezahlbar zu halten. Janeba fordert überdies, die Rente mit 63 abzuschaffen – oder zumindest einzuschränken. Der Brief ist auf der Internet-Seite des Wissenschaftlichen Beirats veröffentlicht worden.

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Weiter schreibt der Vorsitzende an Habeck: „Haltelinien, Renteneintrittsalter und Kapitaldeckung sind emotional aufgeladene und sozialpolitisch hoch umstrittenen Themen, die zu kurzfristigen und taktischen Argumentationen einladen.“ Der Beirat bitte daher, „in der nun kommenden Diskussion die langfristige gesamtwirtschaftliche Perspektive zu betonen“. Deutschland müsse auch in der Sozialpolitik Prioritäten setzen, um trotz der Bevölkerungsalterung die Produktivität seiner Wirtschaft zu erhalten und zu stärken.

Minister wollen ihr Konzept in Kürze präsentieren

Die Bundesregierung will noch in diesem Sommer ihre Pläne für ein zweites Rentenpaket vorlegen. Verantwortlich sind Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP). Im Mittelpunkt sollen das Mindestsicherungsniveau stehen sowie der Aufbau einer kapitalgedeckten Säule der Rentenversicherung („Aktienrente“ oder „Generationenkapital“).

Wird Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, auf seine Berater hören?
Wird Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, auf seine Berater hören? © dpa | Bernd Weißbrod

Nach Auffassung des Wissenschaftlichen Beirats beim Habeck-Ministerium kann ein Mindestsicherungsniveau von 48 Prozent allein aus Steuermitteln nicht dauerhaft finanziert werden. Die Rente mit 63 wiederum verschärfe den Kostendruck in der Rentenkasse und den Fachkräftemangel. Ein öffentlich verwalteter Fonds zur Stützung der Rentenkasse werde voraussichtlich nur unterdurchschnittliche Renditen abwerfen, wie internationale Erfahrungen zeigten.

Grundsätzlich befürwortet der Beirat zwar die Stärkung der kapitalgedeckten Altersvorsorge. Er plädiert aber dafür, Betriebsrenten in den Blick zu nehmen „und vor allem mittels einer Standardbetriebsrente auf kleinere und mittlere Unternehmen auszuweiten“.

Wirtschaftsweise für automatische Anpassung des Renteneintrittsalters

Dem Wissenschaftlichen Beirat gehören 41 Hochschullehrer aus den Bereichen Ökonomie und Recht an. Der Brief des Vorsitzenden an Habeck datiert von Mitte Juli, ist aber erst seit kurzem veröffentlicht.

Am vergangenen Wochenende hatte sich auch die Wirtschaftsweise Veronika Grimm in die Rentendebatte eingeschaltet und im Gespräch mit dieser Redaktion gefordert, das gesetzliche Renten-Eintrittsalter bei weiter steigender Lebenserwartung automatisch anzuheben.

„Die Formel in Zukunft könnte sein: Nimmt die Lebenserwartung um ein Jahr zu, so würden zwei Drittel des zusätzlichen Jahres der Erwerbsarbeit zugeschlagen und ein Drittel dem Ruhestand“, sagte Grimm. Ausnahmen müsste es bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen geben. Nach geltender Rechtslage steigt die Regelaltersgrenze schrittweise auf 67 Jahre.