Berlin. Ein Verbot von Selbstzahler-Medizin ist unrealistisch. Wir brauchen etwas anderes, um Raffzähnen in Weiß das Handwerk zu legen.

Selbstzahlerleistungen bei Arzt oder Ärztin „sind privat abzurechnen und können sich daher positiv auf die Profitabilität Ihrer Praxis auswirken. Damit sie eine fixe Säule in Ihrem Gesamtumsatz bilden, sollten Sie mehrere Aspekte beachten“.

Oder: „Beteiligen Sie Arzthelfer oder -helferinnen bei Selbstzahlerleistungen direkt am Umsatz. Hier sind die Mitarbeiter dann in der Lage, Patienten für diese Leistungen zu gewinnen und die Einnahmen zu steigern.“ Der Mediziner selbst, so ein weiterer Vorteil, könne dadurch „unleidige Verkaufsgespräche“ umgehen.

Aufklärung und Information über Selbstszahlerleistungen sind vorgeschrieben.
Aufklärung und Information über Selbstszahlerleistungen sind vorgeschrieben. © DPA Images | Christin Klose

Diese Tipps finden Ärztinnen und Ärzte im Netz. Sie stammen nicht nur von Beraterfirmen, sondern auch von ihren Berufsverbänden. In Kombination mit der Auffassung vieler Experten, dass der Sinn einer ganzen Reihe medizinischer Untersuchungen, die Patienten aus eigener Tasche zahlen müssen, mindestens fragwürdig sind, kann sich das Bild einer gierigen Zunft ergeben.

Tendenziell negativ heißt nicht völlig überflüssig

Da mag es nahe liegen, von Seiten der Politik ein Verbot zu fordern. Das Problem dabei: Damit folgt man der Devise „Karo einfach“. Die Umsetzung ist unrealistisch und nicht so richtig sinnvoll.

Kai Wiedermann, Redakteur im Ressort Ratgeber/Wissen.
Kai Wiedermann, Redakteur im Ressort Ratgeber/Wissen. © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Eine vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen als tendenziell negativ beurteilte Untersuchung ist nicht in allen Fällen Geldmacherei. Und für manche Selbstzahlerleistungen gibt es einfach zu wenige gute wissenschaftliche Studien, um deren Wert abschließend zu bemessen. Sollen Patienten auch diese nicht mehr in Anspruch nehmen dürfen, wenn sie es wollen?

Die Regeln für den Verkauf von Selbstzahler-Medizin sind eindeutig. Sie setzen auf den mündigen Patienten, der weiß, worum es geht, der Vor- und Nachteile kennt und sich zutraut, eine Entscheidung zu treffen. Dass einer repräsentativen Umfrage zufolge aber nur 28 Prozent der erwachsenen Bevölkerung wissen, dass es diese Regeln gibt, ist das wahre Problem. Hier sollte der Patientenbeauftragte ansetzen. Damit Patienten um Raffzähne in Weiß einen Bogen machen können.