Ottendorf. Die Proteste sind vorbei, die Probleme bleiben. Es geht um ein strukturelles Problem, das auch die heimischen Bauern betrifft.

  • Bauern distanzieren sich von Rechts
  • Probleme liegen in der Digitalisierung und Bürokratie
  • Die emotionale Belastung durch Vorschriften ist sehr hoch

Die Bauernproteste sind abgeebbt. Für viele Bürger ist das Thema vom Tisch, jedoch nicht für die Landwirte. Sie sehen sich immer noch mit Problemen konfrontiert, die weit über das Dieselthema hinaus gehen. Die Agrargenossenschaft Ottendorf kämpft so wie viele andere Betriebe auch mit den Herausforderungen, die an die Landwirte gestellt werden.

Die Agrargenossenschaft Ottendorf züchtet Fleisch-Fleckvieh und baut auch Getreide an. Die Herstellung der Gras- und der Mais-Silage sind neben dem Kartoffelanbau der Hauptbetriebszweig. Im eigenen Tälermarkt bietet die Genossenschaft unter anderem Rindfleisch aus eigener Produktion und auch regionale Produkte aus der Umgebung an.

Dafür haben sie 300.000 Euro investiert. 65 Prozent davon hat das Leader-Programm übernommen. Das Programm wird finanziert aus dem Europäischen Landwirtschaftsfond für die Entwicklung des ländlichen Raums sowie aus Mitteln des Landes.

Fleisch aus dem Ausland ist für Bauern aus dem Saale-Holzland ein großes Problem

Ein großes Problem sei der Preiskampf, der durch den Import von Fleisch aus dem Ausland angefeuert wird. Während man daheim versucht, den Maßgaben des Tier- und Naturschutzes gerecht zu werden, würde Fleisch aus Übersee in Deutschland verkauft werden, auf dem weitaus weniger Auflagen zum Schutze der Umwelt lasten. Konkurrenz sehen die Landwirte vor allem in den Fleischimporten aus Argentinien.

Aber es gäbe auch im eigenen Land große Probleme. „Es gibt viele Reglungen und Vorschriften. Einige von ihnen sind jedoch konträr und widersprechen sich“, sagt Benjamin Spiegler, Vorstandsvorsitzender der Agrargenossenschaft Ottendorf. Er organisierte auch ein Mahnfeuer in der Zeit der Bauernproteste. „Einige sagten uns, wir seien sogar zu nett gewesen. Aber wir wollen niemanden bedrängen. Nur hängen hier an dem Betrieb mehrere Familien dran“, sagt er.

Agrargenossenschaft aus dem Saale-Holzland kritisiert Bürokratie

Ihm sei wichtig zu erwähnen, dass der Protest ein Hilfeschrei war. „Wir wollen keine Regierung stürzen“, heißt es. Man distanziere sich von Rechten. Man habe jedoch die Hoffnung, dass die Proteste etwas in Bewegung gebracht haben. Ein weiterer Punkt, der den Landwirten das Leben schwer macht, sei die überbordende Bürokratie, insbesondere wenn die Landwirte Unterstützung bekommen wollen.

Zwar gäbe es einige Förderungsmöglichkeiten für Landwirte aus der EU, jedoch seien diese an einen bürokratischen Aufwand gekoppelt, der in keinem Verhältnis stehe. Um den bürokratischen Aufwand zu bewältigen, braucht es Personal, das dann an anderer Stelle wieder fehle. Das sei dann nicht nur organisatorisch schwer zu bewältigen, sondern auch finanziell.

Digitalisierung im Saale-Holzland fehlgeschlagen

Weiter sei der Versuch die Landwirtschaft weiter zu digitalisieren nicht ganz gelungen. Was früher noch analog mit Stift und Papier erledigt wurde, soll heute über Apps laufen. „Wenn wir beispielsweise bestimmte Pflanzen auf dem Feld dokumentieren müssen, sollen wir dazu eine App nutzen. Nur haben wir so weit draußen keine Internetabdeckung“, sagt Kathrin Patzer, ebenfalls Vorstandsmitglied der Agrargenossenschaft Ottendorf.

Die ständige Nachweis- und Dokumentationspflicht fresse nicht nur Zeit und Geld, auch mache es psychisch etwas mit den Landwirten. „Als Landwirt muss man sich grundsätzlich verteidigen und rechtfertigen“, sagt Patzer. Dies sei bedrückend. Sie wünsche sich mehr Vertrauen in ihre Arbeit.

Landwirtin aus dem Saale-Holzland hat konkrete Forderungen

Von der Politik wünscht sie sich, dass der Import von Fleisch eingegrenzt wird, damit die heimische Produktion eine Chance hat. Ein weiteres Problem sei auch, dass die Supermarktketten zu viel Macht hätten. „Regionale Supermärkte nehmen uns nichts ab“, heißt es. Im Gegensatz zu anderen Branchen dürften Landwirte ihre Preise nicht selbst bestimmen.

Kathrin Patzer, die selbst als Landwirtin in der Mutterkuhhaltung arbeitet, wünscht sich, dass Politiker vorbei kommen würden, um zu sehen, wie die Arbeit abläuft. Auch sei ihr eine Aufklärung bei den Kindern wichtig, damit sie sehen, wie der Alltag eines Landwirts aussieht.

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Die Diskussion um den Diesel sei nur der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Die Probleme in der Landwirtschaft seien insgesamt weitaus komplexer und umfangreicher. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagt Spiegler. Er hofft, dass die Politik nach den Protesten sich den Forderungen der Landwirte annimmt und ihnen die Arbeit erleichtert.