Saale-Holzland. Warum sich Constance Möbius auf ihre Auszeit „aus dem Hamsterrad“ freut. Zugleich verlässt sie eine Verwaltungsgemeinschaft, „die sich sehen lassen kann“.

Constance Möbius wirkt gelöst. In ihrem großzügigen, hellen Büro im Hermsdorfer Stadthaus hat die Vorsitzende der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Hermsdorf am Beratungstisch Platz genommen. Sie trägt eine beige-schwarze Bluse, darüber einen schwarzen Pullover. Um ihren Hals hängt eine zarte, goldene Kette mit einem Kreuzanhänger aus Glitzersteinen. Religion, sagt die Evangelin, spiele für sie eine große Rolle. „Kraft schöpfe ich aus meinem Glauben und meiner Familie.“

Derzeit packt Constance Möbius ihre persönlichen Sachen im Büro zusammen und bereitet eine ordnungsgemäße Übergabe an ihren Nachfolger vor. Auf der Gemeinschaftsversammlung der VG Hermsdorf am 5. März ist sie nach zwölfjähriger Amtszeit nicht wiedergewählt worden. In der Stichwahl erhielt Mitbewerber Stephan Sachse aus Bad Klosterlausnitz eine Stimme mehr und wird vom 1. Juli dieses Jahres bis Ende Juni 2030 die Geschicke der Verwaltungsgemeinschaft leiten. „Meine Wahrnehmung ist, dass es im SHK ein Erdbeben ausgelöst hat, dass ich nicht wiedergewählt wurde“, sagt die 49-Jährige. Die Woche nach der Entscheidung sei für sie ein Geschenk gewesen. Rückmeldungen, Anteilnahme und Würdigung waren „riesig“. „Das tat mir gut. Die eine Tür geht zu und die andere auf.“ Nach 31 Dienstjahren wird die Beamtin zum 1. Juli in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Jetzt wolle sie erst einmal nur Ehrenämter begleiten. „Auch, wenn ich unendlich viele Jobangebote bekommen habe.“

Saale-Holzland: Constance Möbius will auch für den Stadtrodaer Stadtrat kandidieren

Eines war der VG-Chefin auch vor der letzten Wahl bewusst: In einem Wahlamt braucht man immer einen Plan A und einen Plan B. Ihr Plan B sah vor, sich im Falle einer Niederlage weiter politisch zu engagieren. So steht sie derzeit als Kandidatin auf der Kreistagsliste der CDU-Fraktion. Doch nicht nur für den Landkreis möchte sie sich weiter einsetzen. Als gebürtige Stadtrodaerin liege ihr auch ihr Heimatort sehr am Herzen. „Deshalb kandidiere ich in Stadtroda für den Stadtrat.“

Noch aber ist sie bis zum 30. Juni offiziell als VG-Chefin im Amt. Ihren letzten Arbeitstag hat sie am 11. Juni, darauf folgen Urlaubstage. Die Kommunalwahl am 26. Mai und die Europawahl am 9. Juni wolle sie „auf jeden Fall“ noch durchführen. „Ich lasse niemanden hängen! Ich habe schließlich dazu beigetragen, die notwendigen 120 Wahlhelfer zu aktivieren.“

Es ist natürlich auch so, dass es in der VG viele Probleme zu bewältigen gibt und dass die Belastung für die Mitarbeiter teilweise unheimlich groß ist.
Constance Möbius - Vorsitzende der Verwaltungsgemeinschaft Hermsdorf

Nicht nur als Wahlleiterin habe sie in der VG für eine Vielzahl von Wahlen die Verantwortung getragen. Als Ausbildungsleiterin hat Constance Möbius zwölf Azubis und Umschüler begleitet, die in der VG ihren Abschluss zum Verwaltungsfachangestellten absolvierten. „Einen Ausbildungsleiter gibt es jetzt nicht mehr und ein geschäftsleitender Beamter muss ebenfalls eingestellt werden.“ In dieser Funktion habe sie der Verwaltungsgemeinschaft über Jahre hinweg viel Geld gespart. Bedauerlich finde sie, dass ein Großteil der Azubis nach der Lehre nicht in der VG geblieben ist. Es seien vor allem finanzielle Anreize und familiäre Gründe gewesen, welche die jungen Menschen zum Gehen bewegt hätten. „Es ist natürlich auch so, dass es in der VG viele Probleme zu bewältigen gibt und dass die Belastung für die Mitarbeiter teilweise unheimlich groß ist.“

Constance Möbius (rechts) am 5. März im Saal des Hermsdorfer Stadthauses. Kurz zuvor fiel die Wahlentscheidung, dass Stephan Sachse neuer Vorsitzender der VG Hermsdorf wird. Neben Constance Möbius steht Heike Stahl, die Leiterin des Hauptamtes der VG Hermsdorf. Nach 46,5 Jahren ist sie in den Ruhestand verabschiedet worden.
Constance Möbius (rechts) am 5. März im Saal des Hermsdorfer Stadthauses. Kurz zuvor fiel die Wahlentscheidung, dass Stephan Sachse neuer Vorsitzender der VG Hermsdorf wird. Neben Constance Möbius steht Heike Stahl, die Leiterin des Hauptamtes der VG Hermsdorf. Nach 46,5 Jahren ist sie in den Ruhestand verabschiedet worden. © OTZ | Ute Flamich

Ihr Berufsleben sei von vielen Herausforderungen in krisengeschüttelten Jahren geprägt gewesen, sagt die VG-Vorsitzende und zählt beispielsweise die Flüchtlingskrise 2015 auf, die geplante Gebietsreform ein Jahr darauf, die Corona-Pandemie 2020, die durch den Krieg in der Ukraine bedingte Energiekrise vor zwei Jahren sowie die Zuwanderung und Unterbringung von Flüchtlingen. Ihre Familie – ihr Mann und ihre drei Kinder – habe ihr diese Zeit oft schweren Herzens ermöglicht und musste auf sie verzichten. Nicht selten sei sie bis in die späten Abendstunden und auch an den Wochenenden eingebunden gewesen. „Ich kann von mir sagen, dass ich diese Herausforderungen nicht nur liebte, sondern sie auch lebte.“

Ziel sei immer gewesen, die VG Hermsdorf im Saale-Holzland zusammenzuhalten

Bei der Bewältigung aller Aufgaben habe sie stets bauen können auf eine große überregionale Vernetzung, auf unzählige regionale Akteure aus Politik, Wirtschaft und dem gesellschaftlichen Leben sowie auf ein „tolles Team“ an Mitarbeitern der VG Hermsdorf. „Die VG kann sich sehen lassen“, sagt sie und ergänzt: „Nicht nur mit einem innovativen Erscheinungsbild und der viel genutzten digitalen Präsenz, sondern auch mit einer thüringenweit einmaligen und landkreisübergreifenden Kooperation von Standesämtern, mit einer erlebnisorientierten Attraktivierung des Zeitzgrundes, einer Auszeichnung der Ehrenamtsstiftung Thüringen für die Corona-Unterstützung in der Region sowie einer Zertifizierung in der IT-Sicherheit.“

Für die Verwaltungsgemeinschaft habe sie vielleicht mehr gekämpft als alle anderen, sagt sie. Grundlage ihres Arbeitens und Denkens sei immer gewesen, die VG, die im Jahr 1996 gegründet wurde, zusammenzuhalten.

Saale-Holzland: Scheidende VG-Chefin lässt Dinge in aller Gelassenheit auf sich zukommen

Durch ihr Mitwirken in verschiedenen Gremien sei es ihr gelungen, die Mitgliedskommunen „zielsicher“ zu vertreten. Diesbezüglich verweist Constance Möbius auf ihre Funktion als Geschäftsstellenleiterin des Planungszweckverbandes „Kreuzstraße/KIM“, der die Entwicklung der Gewerbestandorte und damit die Steuerung der Anzahl an Windrädern zum Ziel hat. Aber auch auf die Zugehörigkeit zum Präsidium und Landesausschuss des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen, zum Tourismusverband und zur Regionalen Aktionsgruppe des Saale-Holzland-Kreises. Es sei ihr immer ein besonderes Anliegen gewesen, die Region um das Hermsdorfer Kreuz als einwohnerstärkste VG in Thüringen mit einer leistungsstarken Verwaltung zu führen und zu repräsentieren.

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„Nun aber lasse ich die Dinge in aller Gelassenheit auf mich zukommen“, sagt Constance Möbius. Sie freue sich über die dazugewonnene Freizeit und darüber, die Last und Verantwortung, die ihr Job mit sich bringt, in die nächsten Hände zu geben. „Ich hoffe von ganzem Herzen, dass die VG noch viele Jahre existiert.“

Künftig werde sie sich viel öfter ihren Hobbys widmen können. Seit mehr als 20 Jahren ist die Stadtrodaerin Hobby-Imkerin. Zwischen drei bis sechs Bienenvölker hält sie im heimischen Garten. Für den Hausgebrauch und die Familie wird der eigene Honig produziert. Mit Heilkräutern und Naturheilkunde befasst sie sich ebenfalls gern. Wandern, Radfahren, die Natur genießen und im Garten werkeln zählt zu ihren bevorzugten Aktivitäten. Seit 40 Jahren singt Constance Möbius im Stadtrodaer Kirchenchor. Ist die Chorleitung verhindert, übernimmt sie ab und zu diesen Posten in Vertretung. „Ich spiele mehrere Instrumente, hauptsächlich aber Klavier und Gitarre. Meine Fähigkeiten am Klavier und an der Orgel möchte ich künftig weiter ausbauen.“

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In der Verwaltungsgemeinschaft Hermsdorf habe sie die interessantesten und spannendsten Dienstjahre ihres Lebens verbracht. „Auch, wenn es mehr schwere als leichte Tage gab“, sagt die Stadtrodaerin, die im Juni dieses Jahres 50 wird. Sie sei sehr stolz darauf, dass sie in einer männerdominierten Welt als Frau ihren Mann gestanden hat. Nun aber gönne sie sich eine Auszeit aus dem Hamsterrad. „Es sind die vielen Menschen, die mich unterstützt haben, die ich an meinem Job am meisten vermissen werde. Wir haben viel gemeinsam bewerkstelligt. Dafür meinen allerherzlichsten Dank!“