Saale-Holzland. Peggy Mix aus Laasdorf bekam Corona und dessen Folgen mit voller Wucht zu spüren. Sie musste „Peggys Pausenstube“ in Jena-Göschwitz schließen. Was sie jetzt vorhat.

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  • Bis zu 1000 Essen täglich hat Peggy Mix mit 18 Angestellten gekocht. Dann kam Corona.
  • Von vielen Hundert Essen täglich waren plötzlich nur noch 50 zuzubereiten.
  • Peggy Mix: „In der Coronazeit habe ich so viel Minus eingefahren, das hat mir das Genick gebrochen.“

Für Peggy Mix aus Laasdorf ist eines absolut tabu: vegan zu kochen. Vegetarisch sei okay und vor exotischen Speisen schreckt sie erst recht nicht zurück. Von Krokodilsrouladen über Gehirn vom Schwein bis zu Murmeltierfleisch, gebratener Schlange und einem ganzen Haifisch vom Grill hat sie ihren Kunden schon alles angeboten – auch als Kantinenessen. „Ich kann ja weltweit einkaufen“, sagt die 53-Jährige und schmunzelt. Traditionelle Gerichte kommen ebenfalls auf die Teller, wie zum Beispiel Wickelklöße mit Petersiliensoße und Kasseler. „Das ist auch ein beliebtes Familienessen bei uns zu Hause.“

„Peggys Pausenstube“ im Gewerbegebiet Göschwitz wegen Corona geschlossen

Peggy Mix ist gelernte Gärtnerin und Kosmetikerin für Naturprodukte. Einen Namen hat sie sich in den vergangenen Jahrzehnten allerdings als Kantinenköchin und im Catering-Service gemacht. Bis zu 1000 Essen täglich habe sie in Spitzenzeiten mit 18 Angestellten gekocht. Dann kam Corona. „Das war für mich die schlimmste Phase in meinem Leben“, sagt sie. Von vielen Hundert Essen täglich waren plötzlich nur noch 50 zuzubereiten. „Peggys Pausenstube“ im Gewerbegebiet in Göschwitz in Jena, die sie 2004 in einem alten Lokschuppen der Jenaer Stadtwerke gründete und die sie kurz vor Ausbruch der Pandemie mit viel Geld auf den neuesten Stand hat bringen lassen, musste sie 2021 schließen. „Ich hatte nie Kredite und immer ein sauberes Unternehmen. In der Coronazeit aber habe ich so viel Minus eingefahren, das hat mir das Genick gebrochen. Das hat mich seelisch und körperlich kaputtgespielt.“

Peggy Mix mit ihrem selbstgebackenen Mohnkuchen.
Peggy Mix mit ihrem selbstgebackenen Mohnkuchen. © OTZ | Ute Flamich

In dieser schweren Zeit hat ihr Mann ihr einen Traum erfüllt: Auf dem heimischen Grundstück in Laasdorf baute er seiner Frau ein 30 Quadratmeter großes Holzhäuschen. Damit wurde „Peggys Backhaus“ aus der Taufe gehoben. Zwölf Sitzplätze beherbergt das gemütliche Backhaus, im Außenbereich lässt sich die Anzahl der Sitzgelegenheiten je nach Bedarf vergrößern. Kantinenmöbel wurden umfunktioniert und beispielsweise zu einem Tresen zusammengebaut. Mit einem modernen Holzofen bäckt und kocht sie nach alter Tradition mit Feuer, bereitet unter anderem Brote, Kuchen, Torten und auch deftigere Gerichte zu. Geöffnet ist das Backhaus derzeit nur am Donnerstag von 15 bis 18 Uhr, an manchen Feiertagen und nach Absprachen. Die ersten Stammkunden sind schon gewonnen.

Mittagessen für Berufsschule, Kindergärten und Dialyse-Patienten

Derzeit ist „Peggys Backhaus“ nur ihr Hobby, betont die Laasdorferin. Sie und ihre letzte verbliebene Angestellte kochen beruflich täglich in und für das Staatliche berufsbildende Schulzentrum Jena-Göschwitz (SBSZ). In der Schulküche werde außerdem das Mittagessen für den Laasdorfer Kindergarten zubereitet, eine Aufgabe, die Peggy Mix erst seit dem 2. April dieses Jahres übernommen hat. Auch der Kindergarten „Saaleknirpse“ wird von der Köchin versorgt, allerdings bereits seit seiner Eröffnung im Jahr 2007. Zusätzlich zu etwa 130 Essen täglich liefert Peggy Mix seit zwei Jahren das Frühstück für die Dialyse-Patienten des Nierenzentrums des Vereins Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation (KfH) in Göschwitz.

Peggy Mix vor ihrem Backhaus in Laasdorf.
Peggy Mix vor ihrem Backhaus in Laasdorf. © OTZ | Ute Flamich

Ende Oktober dieses Jahres will sich Peggy Mix nur noch auf das Backhaus in Laasdorf konzentrieren und wird alle anderen Aufgaben ihrer Tochter Lisa Erdlei übergeben. „Ich gehe einen Schritt zurück. Mein Leben war bisher sehr turbulent. Die Zeit ist nur so an mir vorbeigezogen. Ich habe aber wahnsinnig tolle Dinge erlebt, die ich nicht missen möchte.“

Peggy Mix erhielt einen 24-Karat-Goldorden für die beste Tomatensuppe der Welt

So zum Beispiel ist sie Trägerin eines 24-Karat-Goldordens für „die beste Tomatensuppe der Welt“. Vom Brillen-Unternehmer Günther Fielmann hat sie einst auf dem Flugplatz Schöngleina ein Brillen-Rezept geschenkt bekommen und Beate Uhses Steward zeigte ihr, wie Obst geschnitten wird. Für den jüngsten Bundesverteidigungsminister in der Geschichte Deutschlands, Karl-Theodor zu Guttenberg, und seine Delegation durfte sie mal Häppchen zubereiten.

Wie das zustande kam? Angefangen habe alles mit Beginn der 1990er-Jahre, als sich ihre Mutter privatisiert hat und im Flugplatz Schöngleina nach umfangreichen Umbauarbeiten ein Restaurant, Hotel und eine Nachtbar eröffnete. „Wir waren dort oben die ersten Pächter nach der Wende.“

Da oben, auf dem Flugplatz in Schöngleina, habe ich den Kapitalismus so richtig miterlebt und gefühlt.“
Peggy Mix - Kantinenköchin aus Laasdorf

Peggy Mix, die im Januar 1991 ihre Tochter zur Welt brachte und im Dezember desselben Jahres ihren Sohn, unterstützte die Mutter in Schöngleina, wo sie nur konnte. Die Kinder waren im Laufstall mit dabei. „Da oben habe ich den Kapitalismus so richtig miterlebt und gefühlt“, sagt sie und erzählt, dass sie dort auch Günther Fielmann kennenlernte. Ohne zu wissen, wer er war, haben wir ihn bewirtet und nicht abkassiert, weil wir eigentlich geschlossen hatten. Als Dank bekamen wir alle ein Brillen-Rezept. „Auch Beate Uhses Steward lernten wir auf dem Flugplatz Schöngleina kennen. Er hatte Obst von der Elfenbeinküste mit im Gepäck.“

1996: Peggy Mix macht sich selbstständig mit Essensversorgung für Kindergärten und Schulen

Es sei ein Job von Montag bis Sonntag gewesen, ohne Unterbrechung. „Zusätzlich hatten wir noch drei Imbisswagen in Jena, wo wir auch Mittagstisch angeboten und immer frisch gekocht haben.“ Mitte der 1990er-Jahre ist ihre Mutter schwer krank geworden. Gastronomie, Hotel und Nachtbar mussten sie abgeben. Peggy Mix hat sich zum 1. April 1996 selbstständig gemacht und die Essensversorgung für je eine Waldorfschule in Jena und Weimar und je einen Waldorfkindergarten in Jena und Weimar übernommen. „Nebenbei habe ich Catering angeboten.“

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Dann wurde ihr Unternehmen immer größer: Sie eröffnete zum 1. Januar 1999 im „Blauen Wunder“ in Jena, dem Sitz des damaligen Umweltamtes und heutigen Thüringer Landesamtes für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN), eine Kantine. „Ich habe eine Großküche einbauen lassen, und wir haben einen Gastraum mit 50 Sitzplätzen geschaffen. Damals hatte ich vier Angestellte.“

Allein für das „Blaue Wunder“ kochten sie und ihre Mitarbeiter täglich 300 Essen, weitere 100 für die Waldorfschule in Weimar. „Die Sitzplätze haben vorne und hinten nicht gereicht, wir wurden überrannt.“ Die Kantine sei erst offen für alle gewesen, später wurde eine Stunde nur für die Mitarbeiter des Umweltamtes „reserviert“. Weil es ihr dort aber zu kompliziert wurde, habe sie sich nach anderen Objekten umgeschaut.

Der Goldorden, der Peggy Mix von einem Scheich für „die beste Tomatensuppe der Welt“ verliehen wurde.
Der Goldorden, der Peggy Mix von einem Scheich für „die beste Tomatensuppe der Welt“ verliehen wurde. © OTZ | Ute Flamich

Sie wollte in Göschwitz bleiben und wurde mit dem Lokschuppen fündig. Wasser, Strom, Heizung gab es dort nicht. „Meine Eltern und mein Mann schüttelten nur mit den Köpfen.“ Sie aber wollte das Objekt unbedingt haben und so begann eine dreimonatige Umbauphase. Geschaffen wurde „Peggys Pausenstube“, eine Kantine mit 100 Sitzplätzen im Innenbereich, weiteren 100 im Außenbereich. Parallel dazu habe sie damals die Berufsschule in Göschwitz übernommen, ein Jahr später auch die in Lobeda.

Mit Catering-Service Gäste aus aller Welt bei Jena-Optronik-Empfängen verköstigt

Zu dieser Zeit und bis zur Übernahme der ehemaligen Tochtergesellschaft der Jenoptik AG Anfang Oktober 2010 an die EADS-Tochter Astrium, die inzwischen zu Airbus Defence and Space gehört, habe sie auch regelmäßig Aufträge von der damaligen Jena-Optronik übernommen. Mit ihrem Catering-Service richtete sie unzählige Empfänge für die Firma aus, die Gäste aus aller Welt empfing. Bei einem dieser Empfänge hat ihr ein Scheich den goldenen Orden für „die beste Tomatensuppe der Welt“ verliehen und an einem dieser Empfänge nahm auch Karl-Theodor zu Guttenberg teil. „Ich hatte damals die Lizenz zum Töten“, sagt Peggy Mix und lacht. „Ich als kleine Kantine habe für Professoren, Doktoren, Ärzte, hohe Politiker, Leute aus der Wirtschaft und aller Welt gekocht. Dazu kam, dass das Unternehmen ja sogar eine eigene Kantine hatte. Das war eine wahnsinnig interessante Zeit.“

Peggy Mix aus Laasdorf zeigt einen Spruch von Bob Dylan, der auf einer Schiefertafel steht und einen Platz in ihrem Backhaus gefunden hat.
Peggy Mix aus Laasdorf zeigt einen Spruch von Bob Dylan, der auf einer Schiefertafel steht und einen Platz in ihrem Backhaus gefunden hat. © OTZ | Ute Flamich

Jetzt will Peggy Mix keinen großen Stress mehr und will sich stattdessen auf ihr kleines Backhaus in Laasdorf fokussieren. Nach und nach wolle sie ab November das Angebot und die Öffnungszeiten erweitern, „es soll aber den Rahmen nicht mehr sprengen.“