Starkenberg. Bauern im Altenburger Land konfrontieren Politik mit ihren Sorgen. Eine der großen: Digitalisierung, die belastet statt zu entlasten.

  • Bauern verlangen umfassende Unterstützung.
  • Gute Nachricht direkt aus Brüssel nach Starkenberg.
  • Forderungen der Landwirte nicht vom Tisch.

Die Bauernproteste im Altenburger Land sind noch nicht zu Ende. Aber wer in Starkenberg zur Jahreshauptversammlung des Kreisbauernverbandes Altenburger Land Blockaden, Protestschilder oder Gummistiefel am Ortseingangsschild erwartet hatte, musste enttäuscht sein. Dabei hatte sich allerlei Politprominenz angesagt. Und auch die Sorgen hiesiger Landwirte, die sie in den vergangenen Wochen auf die Straßen getrieben haben, sind nicht kleiner geworden.

In Starkenberg wurden sie nochmal auf den Tisch gepackt. Doch zunächst gab es am 29. Februar im Gemeindezentrum des Dorfes für die anwesenden Landwirte erstmal eine gute Nachricht aus Brüssel. Nämlich die: Landwirte in der Europäischen Union (EU) müssen 2024 keine Ackerflächen stilllegen und die Bundesregierung wird diese Verordnung 1:1 umsetzen. Torsten Weil, Staatssekretär im Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, bestätigte das auf Nachfrage.

Wermutstropfen für Bauern im Altenburger Land

Allerdings hatte seine Kunde auch einige Wermutstropfen. Zum einen gilt diese Ausnahmeregelung erstmal nur für 2024. Zum anderen wird sie als verbindliche Verordnung wohl erst am 22. März dieses Jahres das Licht der Welt in Thüringen erblicken. Zu spät, wie Vorstand Matthias Itzerott von der Agrargenossenschaft Altenburger Land in Dobitschen befand. Er hätte gerne sehr viel zeitiger Verbindlichkeit, damit die nun zur Verfügung stehenden Ackerflächen pünktlich umgebrochen werden können. Für Matthias Schnelle, Chef der Agrargenossenschaft Nöbdenitz, indes war allein die Nachricht über die jetzt geltende Ausnahmeregelung wichtig. „Auf die haben wir nämlich wirklich gewartet“, sagt er.

Erstmals haben wir uns mit unseren Sorgen so Gehör verschafft, dass sie nachhaltig an die Öffentlichkeit gelangten.
Udo Große, Vize-Präsident des Thüringer Bauernverbandes in Starkenberg

Darüber hinaus bestimmten natürlich die zurückliegenden Wochen der Bauernproteste im Altenburger Land, in Thüringen und bundesweit die Stimmung bei der Mitgliederversammlung des Kreisbauernverbandes in Starkenberg. „Unglaublich, wie viele Leute wir mobilisieren konnten“, freute sich beispielsweise Udo Große, Vize-Präsident des Thüringer Bauernverbandes. „Und erstmals haben wir uns mit unseren Sorgen so Gehör verschafft, dass sie nachhaltig an die Öffentlichkeit gelangten.“ Wohl wisse er, dass nicht alle Forderungen erfüllt worden sind. Aber die Probleme in der Landwirtschaft seien keine nur der deutschen Bauern. „In ganz Europa gehen die Landwirte inzwischen auf die Straße.“

Tom Bauch, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes im Altenburger Land
Tom Bauch, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes im Altenburger Land © Funke Medien Thüringen | Gunter Auer

Die Bedeutung der Forderungen - Wegfall der Agrardiesel-Zuschüsse, Flächenstilllegung, kein Einfluss auf die Preisgestaltung, Entbürokratisierung - machte der hiesige Kreisbauernverbandschef Tom Bauch in Starkenberg nochmals deutlich. „Die Landwirte in Deutschland stehen innerhalb der EU in Konkurrenz mit den Bauern anderer Länder“, erläuterte er. Mit dem Wegfall der Dieselsubvention beispielsweise würden die hiesigen Landwirte im Ranking der höchsten Steuern in dieser Branche von einem mittleren Platz auf den zweiten katapultiert, gleich hinter den Niederlanden. „Wir verlieren jetzt 26 Euro pro Hektar. Bei Betrieben mit arbeitsintensiven Bereichen können es sogar bis zu 46 Euro pro Hektar werden. Allein dem Altenburger Land fehlen damit jährlich eine Million Euro, wenn dieser Zuschuss gestrichen wird“, rechnete er vor.

Sinkende Erzeugerpreise für Agrarprodukte aus dem Altenburger Land

Aber das sei nur die Spitze des Eisberges oder auch der Tropfen, der das Fass habe zum Überlaufen gebracht. Denn außerdem gebe es noch weitere Themen, die die hiesigen Landwirte um- und auf die Straßen treibe. Rückgang der Erzeugerpreise. „Der beim Weizen sank von 400 auf inzwischen 200 Euro“, nennt er ein Beispiel. 100 Euro pro Hektar gebe es seit 2023 weniger an GAB-Agrarsubvention. Dafür steige die Emissions-Abgabe für Diesel, die Nutzungsentgelte für Strom würden ebenfalls in die Höhe klettern. Die Liste ließe sich fortsetzen, so Bauch: Wegfall von Zuschüssen für die landwirtschaftliche Unfallversicherung, Erhöhung von Pachten durch zunehmende Konkurrenz erneuerbarer Energien auf landwirtschaftlichen genutzten Flächen und nicht zuletzt die wild wuchernde Bürokratie.

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Bürokratie: Dieser Punkt trieb in Starkenberg wohl alle Anwesenden der Branche um. Flächennachweis, umgehende und umfassende Katastereintragungen und und und. „Ich verstehe das alles nicht mehr. Wenn die Behörden uns so misstrauen, sollen deren Leute doch zu uns kommen und in unsere Aufzeichnungen schauen und uns damit das Leben erleichtern“, forderte Doreen Rath, Chefin der Agrar T & P GmbH Mockzig. Applaus erntete auch die Bemerkung, dass Digitalisierung als neues Werkzeug schön und gut sei, aber in der Praxis nicht entlaste. „Das, was uns zur Verfügung gestellt wird, produziert eher das Gegenteil.“

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Und auch das schrieben die Bauern in Starkenberg der anwesenden Polit-Prominenz - von Thüringens Minister für Umwelt, Energie und Naturschutz (Bündnis 90/Die Grünen), bis Landrat Uwe Melzer (CDU) - in die Stammbücher: Früher waren Behörden und Ministerien Dienstleister für Landwirtschaftsbetriebe und Bauern, heute sei es umgedreht. Und das müsse sich wieder ändern.